Warum reden die immerzu von Weihnachten? Das ist doch ignorant. Warum wird so getan, als wenn das für alle wichtig ist? Es gibt viele Leute, die diese Tage nicht feiern, nicht feiern wollen, die anders religiös sind oder gar nicht. Da ist sie wieder diese selbstgerechte Ausschlussdemokratie, in der fast alle ihre Vertreter*innen davon ausgehen, dass ihre "Normalitäten" automatisch die der vielschichtigen Bevölkerung sein müssen. Irrtum!
Ich mag das auch nicht, wenn Sportkommentator*innen sagen, dass sich ganz Fußballdeutschland über irgendwelche Tore oder das Weiterkommen von deutschen Vereinsmannschaften in der Champions-League freut. Ich freu mich auch nicht bei der Darts-WM darüber, wenn deutsche Spieler weiterkommen. Das ist mir verdammt nochmal egal. Apropo: Habe Max Hopp, einem der besten (deutschen) Dartspieler eine Nachricht geschickt, dass ich es blöd finde, dass er offenbar einen gesteigerten Wert auf die Nationalfarben legt. Ich bin jetzt nämlich instagram! Da geht sowas! Geantwortet hat er natürlich nicht. Schade...Dann werde ich mich eben weiter freuen, wenn der junge Mann seine Matches verliert. Instagram. Jau! Icke jetzt! Habe leider fast gar nicht das Gefühl, dass das irgendwie anrüchig oder politisch diskutabel wäre, weil ich dort fast den kompletten politischen und kulturellen Mikrokosmos wiedergefunden habe, in dem ich mich gerne bewege. Viele Antifagruppen, viele linke Künstler*innen, viele Menschenrechtsinitiativen, Klimaaktivist*innen etc. Offenbar war ich also mal wieder einer der Letzten, die sich angemeldet haben. Was mir dabei durch den Kopf ging, habe ich dort direkt veröffentlicht. Hier kommt es nochmal exklusiv für euch, meine lieben oldstyle Website-Leser*innen:
Ja hey, ich bin aufgewachsen zu einem Zeitpunkt, als das öffentlich rechtliche Fernsehen genau einen Sender anzubieten hatte und der hieß ARD, war schwarzweiß und ganz schön einsilbig. Ohne Werbung! Telefon hatten meine Eltern nicht. Wir sind immer zu Oma runter, wenn mal wer anrief oder wir telefonieren wollten (eher selten). War aufregend gewesen. War Westen. Irgendwann kam Farbe und in den Achtzigern Privatfernsehen und Atomkraftwerke. Es gab noch richtigen Einzelhandel, kleine Geschäfte überall, wo du dich kanntest. Kommunikation bedeutete, sich zu treffen oder (von zu Hause aus) telefonieren. Oder Briefe schreiben. Normal! Ich hatte Cassetten und Schallplatten. Fand ich schön. LPs kamen schon bald aus der Mode, meine Musik gab es später quetschenpauamäßig erstmal nur auf Tapes. Das war Anfang der 1990er-Jahre. Die CD erschien uns wie ein Eindringling als sie auf den Markt kam. Moderne herzlose Scheiße. Internet kam auch langsam auf. Wir (manche Autonome) hassten Computer, fanden das lebensfeindlich und bedrohlich. Wenig später hatten die meisten trotzdem einen und mit meiner Band brachten wir plötzlich CDs heraus, weil niemand mehr Cassetten kaufte.
Ein Mobiltelefon habe ich mir erst gekauft, als die letzten Telefonzellen abgebaut wurden. Fand ich aber auch scheiße. Überall erreichbar und überwachbar. Pah! Ich war stets aus politischen Gründen technikfeindlich.
2009 richtete ich mir etwas widerwillig eine eigene Website ein, um mehr gesehen zu werden als politischer Sänger und Autor. Da waren viele aber schon in den sogenannten sozialen Netzwerken unterwegs, denen ich mich konsequent verweigerte, aber die Kommunikation per Mail war auch schon wieder fast nur noch was für Old-style-Anarchos. Irgendwann kaufte dann auch niemand mehr CDs, weil alle das Zeux im Netz hörten und streamten. Also bin auch ich 2018 rüber zu Spotify und Bandcamp, adieu Schallplatte, auf Wiedersehen CD! Tschüss DIY! Schönen guten Tag multinationaler Konzern, ich mach jetzt auch mit! Denn: Wenn plötzlich niemand mehr weiß, dass es dich gibt, weil du eben nirgendwo mitmachst, ist es auch blöd.
Politische Kultur braucht Aufmerksamkeit, muss sichtbar sein, sonst erzielt sie keine Wirkung. Also guten Tag instagram. Selbstdarstellungsportal. Eigentlich furchtbar. Schöne neue Welt. Ich bin schon wieder einer der Letzten, die dazukommen. Ich war wohl immer zu spät bisher. Aber mir gefällt, dass es viele Leute gibt, die ihre emanzipierten Gedanken, Fotos und Filme teilen, die Aufrufe und z.B. antifaschistische Gruppen unterstützen. Und all die anderen?? Jaa, die sind auch da, I know. Viva la Widerspruch! Und wie geht es dir so?
Ich bin abgestumpft. Nicht gänzlich, aber viel. Merke das daran, dass ich schnell heule, wenn ich mal was wirklich Schönes entdecke… gelebte Solidarität oder so…ganz in echt…draußen in den Straßen…
Move on!
Die Welt fährt sich immer noch locker nach unten. In Deutschland sind ein paar neue Regeln dazugekommen.
1) Silvester darf nur noch in geschlossenen Räumen bis maximal 50qm geböllert werden. Es müssen dabei immer mindestens 10 Personen aus 10 unterschiedlichen Haushalten anwesend sein.
2) Corona-Leugner*innen und Maskenrobben gehen im Falle einer Infektion zu ihrem Frisör und lassen sich dort behandeln. Bei schweren Verläufen wird an eine regionale Klempnerei überwiesen.
3) Über die Weihnachtsfeiertage werden alle, die nicht traditionell feiern möchten, in Turnhallen oder leere Flugzeughangars gesperrt, damit sie den öffentlichen Frieden nicht stören.
4) Weihnachtsleugner*innen werden in die Gemeinde "Fucking" abgeschoben, die sich jetzt extra dafür in "Fugging" umbenennen will.
5) 2021 werden Plastiktiermasken an alle verteilt, um den Gesundheitsämtern die Arbeit zu erleichtern: "Ich habe mich bestimmt bei dem Hamster im Aldi angesteckt, der vorm Konservenregal so furchtbar Blut gehustet hat. Er trug Sandalen und eine hellblaue Jogginghose!"
6) Mir ist eigentlich nicht zum Lachen zumute.
7) Ich tu's trotzdem!
8) Wer rumheult ohne Gegenvorschläge zu machen, muss eine Woche lang das letzte Album von Ben Zucker hören und dabei auf ein Portrait von Mario Barth starren.
9) Die neu entwickelten Impfstoffe werden ab 1.1.2021 aus Flugzeugen (Boings und Militärjets) in Form eines feinen Sprühnebels regional verteilt, weil es sonst zulange dauert. Wer das nicht möchte, muss kurz über mehrere Wochen die Luft anhalten.
10) Trinkwasserversorgung wird ab 1.4.2021 eingestellt. Aus den Hähnen kommt dann Wodka. Das ist billiger und der Demokratiemüdigkeit zuträglich.
Ich fliege mit doppelter Nichtgeschwindigkeit auf einen Feldhunzel meiner Wahl und verharre in Ehrfrucht und in Koninenz ob der Dinge, die da nicht mehr kommen werden!
Bin begeistert! Querdenken 711 in Leipzig. 20.000 Leute diesmal, mindestens 19.000 ohne Hirn + Maske schön mittendrin in der Stadt dichtgedrängt. Juchéé! Da lacht das Patriotenherz. Das Oberverwaltungsgericht in Bautzen hat das genehmigt. Die haben da genau ausgerechnet, dass das klar geht und die Quadratmeter des Platzes durch die Teilnehmer*innenzahl geteilt. Okay, ein paar Poller und Blumenrabatten haben sie vergessen und dass es vielleicht doch mehr Menschen werden könnten als gedacht, aber egal...macht ma'...und die haben gemacht. Polizei zuckt mit den Achseln und guckt zu. Ich könnte mir vorstellen, dass die Entscheider*innen in Bautzen vielleicht selber so Honks sind, die COVID-19 für n Witz oder ne Lüge halten. Könnte mir auch vorstellen, dass die Bullen und Teile der politischen Verantwortlichen in Leipzig nicht viel Interesse daran hatten, tätig zu werden. Ich schrieb es schon mal vor gut zwei Monaten, dass ich mich wundere, dass es bei diesen Demonstrationen keinerlei Vorkontrollen gibt. Die wissen doch, dass da massenhaft gegen die Maskenpflicht verstoßen wird. Warum also stellen die nicht entsprechend zwei bis drei Hundertschaften an die Zugangsstellen des Platzes und lassen niemanden passieren, der/die nix über Mund und Nase zieht. Zusätzlich noch ne Hundertschaft, die das auf dem Platz kontrolliert und ahndet und Punkt. Sowas nervt und zeigt bekanntermaßen Wirkung. Wissen wir aus eigener Erfahrung bei anderen Anlässen. Und wenn der Platz voll ist, lässte halt niemanden mehr rauf. So würde es laufen, wenn der politische Wille und das polizeiliche Konzept es vorsehen würde. Das ist eine jahrzehntelang erprobte Vorgehensweise für verschiedenste Protestformen. Wurde ja auch oft genug durchgezogen, wenn sich das polizeiliche Gegenüber zum Beispiel antifaschistisch aufstellt. Apropo. Lina, eine Leipziger Antifaschistin wurde ein paar Tage zuvor in Gewahrsam genommen und weil die Szene vor Ort zu recht sauer darüber ist, war eine brennende Barrikade in Connewitz am Tag des Blitzbirnenauflaufes offenbar für einige Medien der eigentliche Skandal. Zumindest hatte ich den Eindruck bei der Durchsicht verschiedener Portale. Da stand dann auch der Wasserwerfer parat, der gegen die "friedlichen 711er" ausdrücklich nicht eingesetzt werden sollte. Klasse Schauspiel das alles, wo doch jetzt die Theater wieder alle geschlossen sind. Applaus! Bin entzückt! Sehr geil dann auch gestern abend die Extremismussendung um 22:15 im ZDF. Zu 75% ging es da um Nazis gestern und heute. Und weil eben über "Linksextremismus" wohl nicht soviel Material zur Verfügung steht, musste dir dann wieder die Bilder vom G20 in HH aus dem Jahr 2017 angucken und die Räumung der Liebig 34, bei der das Extreme vor allem die Polizeigewalt und der Vertragsbruch des Senats war. In dem ZDF-Bericht hatten sie dann so Einblendungen, was Rechtsextremismus und Linksextremismus ausmacht. Bei den Nazis stand: Rassismus, Antisemitismus, Antipluralismus, Nationalismus und Autoritarismus. So, und nun dürft ihr euch mal überlegen, welche fünf Begriffe "uns" zugedacht wurden. Bevor ich die hier niederschreibe, muss ich, wie schon so oft, darauf hinweisen, dass ich mich als radikal links bezeichne und nicht als linksextrem. Das is' für mich ein Unterschied wie Tag und Nacht. Hannah Arendt hat es mal so formuliert:
"Ich bin in der Tat heute der Meinung, dass das Böse immer nur extrem ist, aber niemals radikal. Es hat keine Tiefe, auch keine Dämonie. Es kann die ganze Welt verwüsten, gerade weil es wie ein Pilz an der Oberfläche weiterwuchert. Tief aber und radikal ist immer nur das Gute."
Mit den Begriffen "gut" und "böse" gehe ich vorsichtiger um und ich weiß auch nicht so genau, was sie mit "Dämonie" meint, aber im Kern hat sie Recht, wie ich finde. Sie schrieb das übrigens in einem Brief an Gerhard Scholem im Sommer 1963. Und?! Zurück zu den fünf Begriffen, der Beschreibung der radikalen Linken. Mir würden ja folgende Zuschreibungen einfallen: Antifaschismus, Emanzipation, Antirassismus, Antisexismus, Antikapitalismus. Nur einer davon haben sie genommen, nämlich Antikapitalismus. Die anderen vier waren: Antiparlamentarismus (extrem ey!), Antiautoritäres Denken (wow, wir Schweine!), Staatsfeindschaft (ja,...so gegen Herrschaft + Ungleichbehandlung, wa!) und Gewaltakzeptanz (hmm, außer jetzt faschistische Gewalt, Polizeigewalt, häusliche Gewalt etc...die Liste wäre lang...). Am Besten fand ich aber in dem gesamten Bericht wirklich, dass die radikale Linke nicht ein einziges Mal mit dem Attribut "antifaschistisch" belegt wird. Das ist eine unserer Haupttriebfedern. Und, dass nicht einmal aufgeschlüsselt wird, dass die vielen sogenannten Straftaten oft genug lediglich Sabotageakte im Bereich Klimaaktivismus und Antimilitarismus sind, die in den meisten Fällen ausdrücklich nicht in Kauf nehmen, Menschenleben zu gefährden. Und selbstverständlich ist es in Zeiten wie diesen auch ehrenwert und gut, sich einem aufkommenden Faschismus mit (fast) allen Mitteln in den Weg zu stellen. Wer das extrem nennt, hat Geschichte nicht verstanden.
War eben im Park spazieren. Komisch, die Dealer machen nicht mehr "tss-tss" oder sagen "hey du", wenn ich an ihnen vorbeigehe. Anscheinend sehe ich endgültig nicht mehr aus wie einer, der was bei ihnen kaufen möchte. Vor nicht allzu langer Zeit haben die mich sogar noch beim Joggen angequatscht. Wie sich die Zeiten ändern. Naja, es ist besser, wie es jetzt ist, denn ich kaufe ja eh nix und habe es auch nie getan. Keine Erwartungen, kein Frust, keine Missverständnisse, keine Fehlkommunikation. Einfacher für alle.
Eine nette kleine Begegnung gab es dann aber doch noch. Vom Park zum Aldi gibt es einen kleinen wenig frequentierten Durchgang. Da standen drei Jungs etwas verstohlen rum und kifften. Klaro, dabei wichtig die Gegend abgecheckt, ob jemand guckt und so. Als ich auf sie zukam, habe ich ein wohlwollendes wissendes Lächeln aufgesetzt, worauf einer mich auch angrinste und meinte: "Gegen Corona, man! Hab' ich Mittel gefunden!" Hab den Daumen gehoben, "jepp!" gerufen und bin gutgelaunt weitergeschlendert. Ich liebe den Kiez.
Ansonsten viel Trübsal. option-weg-release abgesagt, ersatzlos gestrichen sozusagen. Meine gerade eingeloggten Lesungen in Cottbus und Weimar für Novembder gecancelt. Was willste machen?! Das Virus ist nicht nett zu uns. Ich nutze die Zeit und nehme neue Sachen auf. In Kürze dann auch was davon auf Bandcamp und den üblichen Streamingdiensten. CD oder Vinyl wird es wieder nicht geben. Kauft ja keine/r mehr...Aber "in Kürze" heißt auch eher Anfang 2021. Etwas Geduld also bitte. COR hat übrigens ein ganz nettes Video rausgekloppt zu ihrem Song "LASS DOCH MAL DIE LEUTE". Ist entstanden unter Beteiligung vieler Menschen, die die Band gut finden. Bin auch ca. 3 Sekunden zu sehen, haha!!. Wer mag, guckt sich das mal auf youtube an. Ansonsten bleibt erstmal gerade, schickt mir nette Post, Ideen, Gedanken oder Texte. Ich habe Zeit, darauf zu antworten!
I don't like mondays. Okay, Syndi weg, Liebig weg. Ich schreibe gerade einen Song mit den Zeilen "Alles was in dieser Stadt Spaß gemacht hat, gibt's nicht mehr, no time for tears, time to become angry!". Ich weiß schon, warum ich mein Buch NICHTS BLEIBT genannt habe. Apropo: Es gibt im November zwei ganze und eine halbe Lesung! Guckst du bei Termine hier. Ansonsten gibt es eine neue EP von Mal Élevé + Niko. Schaut doch mal rein:
Morgen am 9.10.2020 haben der rotrotgrüne Senat und die Polizei die Räumung der Liebigstraße 34 angesetzt. Das ist ein skrupelloser Akt gegen Gendervielfalt + Vielfalt im Allgemeinen, gegen alternatives Leben, gegen gelebten Antifaschismus und Selbstorganisierung. Wir erleben das nicht zum ersten Mal. Es soll passieren mit der kompletten Härte des Staates. Wir wissen, dass von Seiten des Polizeiapparates mit äußerster Gewalt vorgegangen werden wird. Das wundert nicht, weil sich in diesen Strukturen jede Menge Kräfte verbergen, die rechts- bis rechtsextrem denken und handeln. Das ist ein offener Angriff auf den sozialen Frieden in dieser Stadt, der eh schon in bestimmten Bezirken angeschlagen am Boden liegt. Ich weiß, dass sich in vielen Menschen ein großes Ohnmachtsgefühl ausgebreitet hat. In mir selbst übrigens auch. Allein der Gedanke, sich nicht (mehr) adäquat dagegen wehren zu können, macht große Angst. Das Gefühl, körperlich nicht in der Lage zu sein, schnell genug flüchten zu können, ist ein mieses. Dennoch werden viele nach ihren Möglichkeiten auf die Straße gehen und nicht einfach nur zuschauen. Passt auf, passt aufeinander auf! Im folgenden kommt eine aktuelle Stellungnahme der Menschen, die es in erster Linie betrifft. Ich empfinde tiefe Solidarität mit ihnen:
In den vergangenen Jahren und vor allem Wochen wurden viele Sachen über die Liebig 34, das anarcha queer feministische Eckhaus an der Liebigstraße mit 30 Jahren Kollektivgeschichte, gesagt, berichtet, gemutmaßt. Jetzt, kurz vor dem offiziellen Räumungsversuch, werden wir selbst noch mal ein paar Sachen sagen.
Zunächst wollen wir klarstellen, dass es sich bei der Räumung der Liebig34, die bereits mit einem absurd hohen Polizeiaufgebot geplant wird, um eine illegale Räumung handelt. Die Vertreter*innen des Raduga und des Mittendrin e.V. werden dazu noch genaueres sagen.
Die Illegalität der Räumung zeigen wir nicht auf, weil sie uns überrascht. Wir zeigen sie auf, da sie die Willkür eines sogenannten Rechtsstaats deutlich macht. Die Räumung der Liebig34 wird in der Öffentlichkeit oft mit der vermeintlichen Wahrung des Rechtsstaates begründet, dabei ist vor allem an diesem Beispiel erkennbar, dass es von ökonomischen und politischen Interessen abhängig ist, wer Gerechtigkeit in diesem Staat erfährt. Es zeigt eine Stadtpolitik auf, die im Sinne von Grossinvestor*innen und Kapital handelt und nicht im Sinne der Menschen, die diese Stadt beleben und sie massgeblich seit Jahrzehnten gestalten. Mit der Liebig wuerde nicht nur ein zu Hause verloren gehen, ein kultureller Ort der Begegnung, sondern auch ein zentrales Stueck Stadtgeschichte Berlins.
Dass staatliche Strukturen nicht für alle Menschen gleich wirken, sondern sie im Gegenteil an vielen Stellen durch Repressionen und Diskriminierung einschränken, behindern und gewalttätig sind, mussten die meisten Menschen die in 30 Jahren auf verschiedene Weisen in der Liebig34 Zuflucht gefunden haben, am eigenen Leib erleben. Dass die Liebig34 versucht für diese Menschen ein Schutzraum zu sein, macht sie zu einem einzigartigen Ort. Zu einem unersetzbaren Ort in dieser Stadt.
Denn die Liebigstraße 34 bietet seit 30 Jahren den Menschen Wohnraum und Aufmerksamkeit, welche in der Stadt der Reichen keinen Platz haben sollen. Das Haus ist ein kaempferischer Ort an dem sich Menschen taeglich dafuer entscheiden sich nicht anzupassen.
Die Liebig 34 ist seit 30 Jahren ein Ort für Menschen, die von patriarchaler Gewalt verschiedenster Ausprägungen betroffen sind, die von Trans*feindlichkeit betroffen sind und auf andere Weisen marginalisiert werden. In dieser ganzen Zeit hat die Liebig34 Menschen die Stalking erleben einen Zufluchtsort gegeben, hat geflüchteten Menschen Zimmer zur Verfügung gestellt, wohnungslose Frauen* konnten dort an die Tür klopfen und in unserem Gästezimmer eine Weile von Kälte und Gewalt durchatmen. Betroffene von sexualisierter Gewalt erfahren an diesem Ort Solidarität und Schutz.
Menschen, die nicht der binären Geschlechterordnung entsprechen, oder entsprechen wollen finden hier einen Raum zur Entfaltung, der in der Regel in einer heteronormativ strukturierten Gesellschaft nicht vorhanden ist. Frauen* und LGBTIQ – Menschen in prekarisierten Lebenssituation konnten in der Liebig34 wohnen, während es sonst aufgrund von Mietpreisen und diskriminierender Wohn- und Einzugspolitik kaum eine Möglichkeit gab, in Berlin Fuß zu fassen.
Die Neubauprojekte dieser Strasse und dieser Stadt versprechen eine vermeintlich heile Welt, geschaffen fuer all diejenigen, die genuegend Kapital haben, um sich den realen Widerspruechen und Problemen dieser Gesellschaft zu entziehen.
Die Liebig 34 ist ein Ort an dem Menschen sich das nicht leisten koennen und wollen.
Die Liebig34 ist über die Jahre ein Ort geworden, an dem Menschen sich selbst organisieren und gemeinsam anarchistische und feministische Utopien entwickeln konnten, wie ein Leben ohne patriarchale und strukturelle Gewalt aussehen könnte. In Berlin gibt es kaum noch Möglichkeiten für Menschen sich selbst in dieser Form des solidarischen Miteinanders zu organisieren. Und vor allem ist die Liebig ein Haus, in dem sich ausschließlich LGTBIQ Menschen auf diese Art und Weise organisieren einzigartig. Wenn es geräumt wird, ist es nicht ersetzbar. Immer weniger solcher einzigartigen Orte, die Berlin zu ihrem Image als vielfältige und kulturell diverse Stadt verhelfen, existieren noch, sondern sie müssen Luxusbauten und Kapitalanlagen weichen. Die Liebig34 behindert durch ihre bloße Anwesenheit die voranschreitende Verdrängungsdynamiken im Nordkiez, die verheerende Auswirkungen auf die meisten Anwohner*innen hat. Viele alteingessene Bewohner*innen mussten bereits wegziehen. Andere bangen mit anstehendem Räumungstermin unseres Hauses um ihre eigene Existenz im Kiez. Der Dorfplatz und die Liebig sind ein Ort fuer viele Menschen, die in der Stadt der Reichen keinen Platz finden. Ein Angriff auf dieses Haus, ist ein Angriff auf all diese Menschen.
Als Anarchist*innen, als Feminist*innen und als Antifaschist*innen sind wir in Konflikt und Konfrontation mit diesem kapitalistischen Staat und seinen Repressionsorganen. Deshalb fordern wir keine Lösung von oben sondern Ansätze von unten.
Die Liebig34 ist seit 30 Jahren fester Bestandteil dieses Kiezes. Sie hat ihn mitgestaltet, unterhalten, hat anggeeckt und Widersprüche aufgezeigt.
Die Liebig34 ist Sand im Getriebe der fortschreitenden Gentrifizierung. Sie ist bunt, sie ist widerständig, sie ist eine Überleberin, die tapfer weitermacht, obwohl sie immer wieder Angriffen von außen ausgesetzt ist. Ob Schikanen der Polizei, sexistische Gewalt, Brandanschläge oder andere Übergriffe von Nazis – die Liebig34 gibt nicht auf. Sie bleibt sich treu, trotz Zermürbungsversuchen seitens Polizei und politischen Machtkämpfen um profitablen Stadtraum. In Berlin gibt es aktuell eine skrupellose Räumungswelle gegen selbstorganisierte Projekte, die sich verheerend auf die Kieze auswirken werden. Nach der Räumung des Syndikats in Neukoelln, wurde nun auch gegen die Kneipe Meuterei und das selbsorganisierte Jugendzentrum Potse ein Räumungstitel erwirkt.
Dass es darauf eine starke Reaktion gibt und diese Orte auf verschiedene Weisen verteidigt werden, kreativ bis militant, ist nicht verwunderlich, sondern schlicht und ergreifend notwendig. Hier bangen Menschen sowohl um Wohnraum, als auch kollektive Orte fuer Organisierung und Solidarität, aber auch um die Zukunft dieser Stadt. Denn wenn diese Häuser und Projekte erstmal weg sind, können wir sie nicht wieder zurückholen. Die Liebig34 ist ein Symbol für eine Stadt von unten, ein Symbol für Solidarität und Freiheit, es geht um Zusammenhalt, um queeres Leben, um feministische Kämpfe. Die Liebig ist Geschichte Berlins, sie ist Teil der feministischen Geschichte dieser Stadt, Teil der Besetzer*innen Geschichte, ihre Wände erzaehlen von 30 Jahren Kreativität, Unangepasstheit und Solidarität.
In Zeiten erstarkender rechtskonservativer und neo-faschistischer Angriffe stellt sich die Liebigstr. 34 gegen rassistische Gewalt, wehrt sich aktiv gegen rechte Strukturen und steht ein für Vielfalt und Toleranz.
Vor allem ist die Liebig34 ein Ort, der das Leben so vieler Menschen geprägt hat. Die vielen verschiedenen kreativen Solidaritätsbekundungen die dem Haus jedem Tag aus allen Ecken der Welt zugetragen werden, zeigen deutlich, wie viele Menschen sich mit den Kämpfen und Ideen der Liebig34 identifizieren und wie schmerzlich der Verlust durch eine Räumung wäre.
Die Räumung der Liebig34 ist ein Gewaltakt, denn Menschen gewaltsam ihren Wohn- und Schutzraum zu nehmen, ist menschenverachtend. Doch die Liebig34 ist nicht einfach nur Haus, das bewohnt wird, die Liebig34 ist ein Haus das geliebt und gelebt wird, Tag fuer Tag, seit 30 Jahren. Und Orte, die man liebt, gibt man nicht so einfach auf. Man kämpft für sie, mit allen Mitteln. Mit allen Kräften. Und genau das werden wir machen. Wir werden dieses Haus nicht freiwillig hergeben, sondern jeden Teil unserer in Beton manifestierten Utopie verteidigen.
Die Liebig34 lebt. Die Liebig34 bleibt.
In der letzten Zeit habe ich öfter mal darüber geschrieben, dass ich beobachte, wie sich bei kabarettistischen Performances immer häufiger die emanzipative Attitüde herauslöst und sich gewisse Anteile zunehmend in einen rechten Mainstream wandeln. Bei Uwe Steimle war das so deutlich und unangenehm, dass der MDR sogar den Vertrag mit ihm kündigte, was in rechten Kreisen auf Empörung stieß. Es wurde von Zensur geredet. Dieter Nuhr und Andreas Rebers senden viel und oft im TV. Das sollen sie meinetwegen auch tun, ich stelle nur fest, dass da sehr gut zu beobachten ist, dass mehr und mehr nationale, konservative und islamophobe Inhalte zur Geltung kommen. Auch ein Serdar Somuncu hat sich schon dazu hinreißen lassen, zu fordern, dass er "endlich wieder alles sagen möchte". Was'n Irrtum, zu glauben, dass das nicht ginge. Um was geht es denn?! Ich denke, Serdar hat einfach Bock, an manchen Punkten sexistisch zu sein und will provozieren, egal womit, und will das aber immer als Satire gedeutet haben. Reichsbürger*innen und rechte Normalitäter*innen haben vermutlich eher ein Interesse, den Holocaust zu leugnen und rassistisch zu hetzen ohne dafür juristisch behelligt zu werden. Alles inakzeptabel. Ein paar mehr Gedanken zu Serdar findet ihr in in meinem Beitrag vom 31.1.2020. Ich will jetzt aber über etwas Aktuelleres schreiben, was ich auffällig fand. Ich schaue gerne Kabarettformate im Fernsehen. Am 10.9. kam Extra 3 und am 11.9. die Heute-Show. Extra 3 beschäftigte sich mit den Protesten in Leipzig, die stattfanden, weil dort Hausbesetzungen gewaltsam von der Polizei aufgelöst wurden. Der Tenor war, dass Steine auf Polizist*innen nix helfen gegen die Macht der Immobilienkonzerne. Soweit so gut, natürlich heißt ein öffentlich/rechtlicher Fernsehsender politische Gegengewalt auf der Straße nicht gut und natürlich wird über Polizeigewalt in so einem Kontext nicht geredet und über die alltägliche Gewalt von Zwangsräumungen und den skandalösen Handel mit Wohnraum schon mal gar nicht. So weit so schlecht. Was dann aber folgte, war eine total dümmliche Parodie auf eine linke Szene, die ich als bloße Verächtlichmachung bezeichnen würde. Klischee-Autonome die keinerlei Inhalt haben und nur mit Aggressivität und Mollis hantieren. 100% erfunden, wirklich keinerlei Bezug zu irgendeiner Realität. Den sollte Satire aber haben, damit sie nicht komplett zur stumpfen Fantasie-Unterhaltung verkommt. Und weil den "linken Extremisten" (gegendert wird da sowieso nix) damit alle berechtigten Motive für ihren Protest abgesprochen werden, finde ich so eine Darstellung denunziatorisch und zutiefst unsolidarisch. So einen Bericht könnten irgendwelche AFDler oder Identitäre nicht besser anfertigen. Gratuliere! Die Heute-Show legte am Tag darauf nach. Ein Bericht über die Partei "die Linke", der so mies unter der Gürtellinie verlief, dass ich ähnlich von den Socken war, wie bei Extra 3. Ostbashing inklusive. Es ging darum, dass einige Linke-Politiker*innen nicht mit einstimmen wollten in die Absolutheit der Aussage, dass "der Kreml Nawalny auf jeden Fall vergiftet hat", weil bis jetzt eben keinerlei Beweise auf dem Tisch sind. Dass es ein spezielles militärisches Gift gewesen sein soll, sagt doch gar nix. Und: Nicht falsch verstehen...Ich halte es auch für sehr wahrscheinlich, dass da wer einen wichtigen Oppositionellen loswerden wollte und Nawalny wäre nicht der erste gewesen, aber diese Tat auf der höchsten politischen Ebene einfach so zu behaupten und so zu tun, als gäbe es keinerlei andere Wahrheit, geht gar nicht. Nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Die Heute-Show jedenfalls kloppt drauf auf die Linke und stellt sie mal kurz als bolschewistische Vollhonks dar, die in einer Zeitschleife hängen. Wow! Warum mich das alles so aufregt?! Weil hier gerade auch kulturell was kippt und ich das gut sehen kann. Sowas ist feinste Unterhaltung für rechtsdrehende Kulturen. Kabarettist*innen waren hierzulande meistens zumindest linksliberal unterwegs und oftmals Verbündete derer, die im weitesten Sinne emanzipatorische Politik gemacht haben. Offenbar ist es mit dieser Selbstverständlichkeit vorbei. Es wundert mich nicht, denn die Menschen "da draußen" verabschieden sich haltungsmäßig ja auch immer mehr von einer solidarischen Gesellschaft. Nehmen wir es zur Kenntnis und lernen wieder, die eigenen Subkulturen zu schätzen und zu lieben, sie zu nutzen und ihren anarchischen Wert zu verteidigen. Mir geht es nicht darum, dass Kabarett nicht kritisch sein dürfte gegenüber einer emanzipatorischen Linken, aber es sollte dabei immer solidarisch bleiben.
Wer gerne mal nachschauen möchte, über was ich schrieb, kann hier die Sendungen anklicken:Würde mich auch tatsächlich interessieren, ob ihr das ähnlich wahrnehmt wie ich.
Das Geflüchtetenlager Moria auf Lesbos war eh schon kein Ort zum Leben, sondern einer, an dem du versucht hast, zu überleben. Nun ist es komplett abgebrannt und die Menschen haben gar nichts mehr. Alleine gelassen von der EU und vom Rest der Welt brauchen sie dringend Überlebenshilfe. Bitte denkt nicht nach, sondern überweist einfach mal eine Summe, die ihr abzwacken könnt! Es gibt Leute vor Ort, die solidarisch sind und den Support weiterleiten und sich gemeinsam mit den Geflüchteten organisieren!
Ich bin für die Einführung einer Hirnsteuer! Ich will wissen, wieviele Leute hier eigentlich den Kopp kaputt haben und möchte, dass das statistisch belegt wird!
Gestern Tagesausflug gemacht zu dem Blitzbirnenauflauf, also der Querdenken 711 - Demo rund ums Brandenburger Tor. Verkleidet wie ein Volltourist, was aber nix nützte, weil ich auf meinen Mund-Nasen-Schutz nicht verzichten wollte und somit schon sehr aufgefallen bin inmitten von tausenden Normalitäter*innen, die das Virus ausgesprochenermaßen für harmlos halten. Ihr merkt beim Lesen schon, dass ich hier nicht auf Polemik, Lächerlichmachung und Beleidigungen verzichte, wie es Florian Schröder vor geraumer Zeit bei seiner Rede in Stuttgart getan hat. Ich fand den Versuch von Florian ehrenwert und gut, nicht, dass das falsch rüberkommt. Hatte den auch schon im Taxi und mag größtenteils, was er macht, aber dass ihn die Veranstalter*innen von Querdenken 711 nun ausdrücklich loben für seinen Auftritt ("Danke, Florian Schroeder, für Deinen Besuch auf unserer Demo in Stuttgart. Ein sehr mutiger Auftritt und eine erste Annäherung der Medien. Der Kontrast hätte größer nicht sein können - aber der erste Schritt ist gemacht."), finde ich so gruselig, dass ich es fast als Fehler bezeichnen möchte, dass er es überhaupt gewagt hat. Das wäre sicher nicht passiert, wenn Florian den Leuten, in welcher Art und Weise auch immer, noch etwas deutlicher den Stinkefinger gezeigt hätte. So wird er vereinnahmt und vermutlich ähnlich wie Dieter Nuhr und Andreas Rebers bald mehr Zuschauer*innen aus dem rechtskonservativen Lager bei sich in den Programmen begrüßen dürfen, die in ihm einen vermeintlichen Verbündeten entdeckt haben. Wobei ich fairerweise sagen muss, dass ich Florian für einen Linken halte und den Dieter und den Andreas aber so gar nicht!
Aber zurück zu gestern. Obwohl ich meine Kamera offen bei mir trug und filmte, wurde ich nicht angesprochen. Auch nicht bedrängt oder angegriffen. Klaro, ich habe auch niemanden angequatscht und Fragen gestellt und kam nicht rüber wie'n Kamerateam, aber dennoch hatte ich mit dieser kompletten Ignoranz meiner Person nicht gerechnet. Ein paar böse Blicke, die es natürlich gab, lassen sich aushalten und wegstecken. Will das hier auch nur erwähnen, weil es bedeutet, dass es durchaus möglich ist, solche Veranstaltungen auch von innen heraus zu stören, indem Leute einsickern und sich dann verabreden, um dann als Gruppe von innen zu agieren. Das funktioniert, wie schon erwähnt, auch mit Mund-Nasen-Schutz! Wäre vielleicht eine gute Ergänzung gewesen zu den 300 Leuten auf der Friedrichstraße zwischen Französischerstraße und Taubenstraße, die sich in 500 Metern Entfernung vom Geschehen die Kehle aus'm Leib geschrien haben. Da standen dann auch jede Menge Bullen, weil Antifaschist*innen sind ja immer gefährlich, wissen wir ja. Ich hingegen bahnte mir meinen Weg von der Hannah Arendt-Straße durch das Holocaust-Mahnmal, vorbei an Leuten, die gerne wieder einen Kaiser hätten und Trump für'nen Supertypen halten, durch das Brandenburger Tor auf den Pariserplatz. Hier mal ein Schnappschuss, was ich da dann so zu sehen bekam
Besonders bemerkenswert finde ich, dass das Foto gut einfängt, wer da so alles miteinander unterwegs war. Schaut euch auf der rechten Seite an, wie sich die Regenbogenfahne freundlich mit der Flagge des deutschen Reichs kreuzt. Dass gleich drei Reichsflaggen auf diesem Bild zu sehen sind, ist übrigens kein Zufall. Sie waren einfach überall zu sehen. Und diese Fahne ist erklärtes Symbol von Reichsbürger*ìnnen und Neonazis. Schau dir entsprechende kleinere Demos dieses Spektrums an, da ist immer alles voll davon. Schwarz-weiß-rot waren bekannterweise auch die Farben der Nationalsozialist*innen unter Hitler. Wäre das Hakenkreuz hier als Symbol gesetzlich nicht verboten, wäre es dort vermutlich massenhaft gezeigt worden. Hätten dann mehr Teilnehmende ein Problem damit gehabt? Ich weiß es nicht. Fakt ist, dass neonazistische und rechtsextreme Symbole geduldet werden und fröhlich neben Kinderwägen und tanzenden Hippies ein "Friedensfest" feiern! Schön fand ich auch das Transparent mit der Aufschrift: JESUS CHRISTUS GEHÖRT ZU DEUTSCHLAND. Ach so! Klaro, Jesus war ja auch'n Deutscher, oder?! Ihr Brauseköppe! Querdenken 711 nimmt sie alle mit. Apropo 711...Ist das vielleicht auch so'ne versteckte Anlehnung an was? Guckst du mal hier:
Nee, bestimmt nicht, Zufall! Das sind ja alles ganz bürgerliche und friedliche Menschen. Wahrscheinlich bezieht sich 711 auf den Song 7/11 von Beyoncé. Der ist schlimm Pop, aber eher harmlos, müsst ihr jetzt nicht nachgucken. Ich frag mich gerade, wo bei den Leuten auf so einer Demo die Zivilcourage eigentlich anfängt. Ist eher nicht vorhanden, schätze ich. Also mal angenommen, viele finden Nazis wirklich blöd. Zum Beispiel Hitlergruß. Da würden die dann bestimmt sowas sagen wie: "Naja, weiß ich jetzt nicht, ob das ein Hitlergruß war, der hat halt den Arm gehoben und ich habe auch nicht genau verstanden, was er sagte, aber das ist ja auch egal, schließlich hat er doch niemandem was getan!" Genau! Und dann gibt es auf die Fresse für den oder diejenige, die da so frech gefragt hat. Als ich da so rumlief, habe ich mich durchaus auch gefragt, wo genau sich die Polizei versteckt hat. Durch unsere kleinen Demos latschen die immer in vielen kleinen Gruppen einfach durch und provozieren mal mehr, mal weniger. Oder es gibt halt Vorkontrollen, damit schon mal alle mitkriegen, dass die Cops dich auf'm Schirm haben und es ungemütlich werden könnte. Hier war erstmal gar nix! Und wie ihr auf dem Bild sehen könnt, war es schon ziemlich voll mit Menschen (13 Uhr). Wäre ja vielleicht mal'ne Maßnahme gewesen, die Zugänge zu den Versammlungsorten zu kontrollieren und den Leuten abzuverlangen, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. War ja Auflage! Und Erfahrung hat die Polizei reichlich zum Beispiel von all den Silvesterfeiereien.
Wenn bei irgendeiner kleinen Kiezdemo ein Transparent eine Länge von 1,80 aufweist und in den Auflagen steht, dass bei 1,50 Schluss ist, kommen die Bullen und nehmen dir das einfach weg oder verkloppen dich. Will nicht rumjammern, aber es ist schon auffällig, mit welcher Gelassenheit hier einfach zugesehen wird. Der Lautsprecherwagen, der Luisenstraße Ecke Unter den Linden stand, machte eine Durchsage und ich verstand es akustisch nicht, obwohl ich nur 50 Meter davon entfernt war. Bin ich mal hingeschlappt und habe einen Bullen vor der Wanne gefragt, was da gerade durchgesagt wurde. Er so: "Dass die Leute einen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen!" Ich so: "Ich stand 50 Meter entfernt und konnte das nicht verstehen!" Er so: "Deshalb sagen wir das ja auch mehrmals durch!" Und während wir diese wenigen sinnlosen Sätze miteinander reden, laufen hunderte Menschen direkt an uns vorbei...ohne Schutz...und teilweise auch ohne Gehirn...glaube ich. Aber das wäre auflagenmäßig ja auch erlaubt, oder?! Jau! Also, lieber rotrotgrünerwirstehenhinterunsererpolizei-Senat: das Soundequipment der Polizei müsste echt mal gecheckt werden. Stell dir vor, die kündigen an, in die Menge zu schießen und du stirbst, weil du die Durchsage nicht hören konntest. Wie ärgerlich.
Ich bin nach etwa einer Stunde wieder zurück zu meinem Fahrrad geschlappt, wieder Hannah Arendt-Straße. Da musste ich an sie denken, weil sie mal schrieb, dass Erfahrungen die Grundlage unseres Denkens seien. Dem stimme ich hundertprozentig zu. Die Erfahrung, mit eigenen Augen gesehen zu haben, wie 50.000 Menschen bedenkenlos unter neonazistischen Symbolen, Fahnen und entsprechenden Reden demonstrieren, ist eine, die mich noch wachsamer sein lässt als bisher. Wer sich da hinein begibt, bildet gewollt oder ungewollt, einen großen faschistoiden Mob und was daraus entstehen kann ist historisch vielfach belegt. All diese Leute, die genauso ticken, waren übrigens immer schon da. Aber es braucht immer Parteien wie die AFD oder einen IT-Unternehmer wie Michael Ballweg, damit sie sich trauen, mit ihrem menschenverachtenden und skurrilen Unsinn auf die Straße zu gehen. Ballweg hat Schiss vor COVID-19, weil das sein Unternehmen gefährdet, leicht zu durchschauen. Hoffentlich habe ich mich nicht angesteckt...gesundheitlich...Politisch radikalisiert mich das in die entgegengesetzte Richtung. Because I'm old!
"Versammlungen von Leuten mit Verschwörungstheorien sind das Gegenteil von Schwarmintelligenz!". Da zitiere ich mich doch gerne mal selbst, denn ich verschütte immer noch Kaffee, weil ich mit dem Kopfschütteln nicht aufhören kann. Die gestrige Demo, an der sich zwischen 15.000 und 20.000 Menschen beteiligt haben, war einfach zu doll für mein schlichtes Gemüt. Klaro ohne Masken! Alle Schrauben locker die Leute. Und was die für geile Sachen gesagt haben, wenn sie nicht gerade damit beschäftigt waren, Journalist*innen zu bedrohen: "Ich will mein altes Leben zurück" z.B.. Jau, will ich auch Digga, aber das Leben ist kein Bestellservice, wa! Erzähl das doch vielleicht besser deinem Frisör oder so. Der schneidet dir die Haare dann wieder lang! "Lieber glaube ich an Verschwörungstheorien als an die Bundesregierung" hat auch eine gesagt. Kleiner Tipp: Lass doch beides sein und dann trinken wir mal'n Tee zusammen und ich erklär dir, warum z.B. das Bundesinnenministerium auch nix dafür kann, dass das Wetter morgen schlecht wird. Jemand anderes meinte noch, er habe schon die erste Welle der Pandemie nicht gesehen und halte es deshalb für ausgesprochenen Quatsch, von einer zweiten Welle zu sprechen. Ich krieg da ganz hässliche Gedanken, wenn ich sowas höre. Denke dann zum Beispiel, dass die ganzen Impfgegner*innen und Corona-Leugner*innen nicht versorgt werden sollten, wenn sie krank werden. Kein Anspruch auf nix, disqulifiziert, Punkt. Für so'n Spruch kriegste ja sofort Applaus, aber der geht trotzdem nicht okay. Auch das wäre nämlich gefährlicher Populismus, bei dem du das Prinzip der Gleichbehandlung von Menschen grundlegend verlässt. Das sollten Anarchos, Linke und Antfaschist*innen also nicht sagen. Denken tun wir es manchmal trotzdem, das ist okay, weil wir reflektieren können (geile Fähigkeit, lässt sich erlernen und trainieren!). Heißt dann aber im Umkehrschluss: Medizinische Versorgung auch für Nazis und Reichsbürger*innen! Jau, das ist so Leute, auch wenn's weh tut. Gerade weil die da draußen rumrennen und andere bedenkenlos anstecken oder aggressiv anpöbeln, ist es kaum auszuhalten, dass sie an so Tagen wie gestern dem emanzipierten Menschenverstand den Stinkefinger zeigen. Deshalb die Idee eines Angriffs mit viel Farbe in meinem gestrigen Beitrag. Wäre ausschließlich dazu gut, dass es uns wenigstens temporär besser geht, denn das wäre etwas gewesen, das den Begriff "Widerstand" verdient gehabt hätte, den die Rechten so gerne für sich beanspruchen. Es hilft nix, wir müssen weiterpuzzeln, kuul und entschlossen bleiben, die richtigen Parolen und Gedanken formulieren, nicht zurückweichen und...Lachen nicht vergessen! Auch mal auslachen, wenn es um die Vollhonks geht! Cheers! Auch mal was trinken zwischendurch...immer gerne!
COVID-19-Leugner*innen-Großdemo heute. Vor zwei Tagen meinte ein alter Freund und Genosse, er wünschte sich eine "Old-style-Demo" dagegen und ich hatte sofort Bilder im Kopf dazu und bekam Bock, die Knallos mit vielen Leuten anzugreifen und zu verjagen. Ungefähr 5 Sekunden Zauber und Glanz in meinen Augen, dann fiel mir wieder ein, dass die Zeiten wohl andere geworden sind. Massenhaft Farbe auf so Verschwörungsblitzbirnen zu werfen, das machen die jungen Leute ja heute nicht mehr und da wäre es bestimmt auch komisch, wenn sich so ein paar alte Säcke vorwagen, schmeißen und festnehmen lassen, weil sie beim Rückzug zu langsam sind und niemand sie solidarisch schützt...Also neue Idee überlegt. Altersangemessen...haha...Schild malen. Parole: CORONA EXISTIERT NICHT! DIE ERDE IST EINE SCHEIBE UND BJÖRN HÖCKE IST KEIN NAZI! Habe es halb fertig, dann breche ich ab. Habe Schiss davor, dass Leute ernsthaft applaudieren könnten, weil sie denken, dass ich das ernst meine.
Nur rumpöbeln und dafür von den Bullen angegriffen zu werden, danach ist mir heute nicht. Dann lass ich das mal mit dem demokratischen Recht auf Gegendemonstration. Die Welt da draußen ist schlecht und ich werfe stattdessen zu Hause ein paar Darts ins Board. Schönes high-finish vor zwei Tagen: 122! Triple 18, einfach 18, Bullseye! Wäre ich mal so präzise und effizient im Kampf gegen rechts. Wenigstens hin und wieder. Von den Bullen- und Bundeswehrskandalen höre ich auch kaum noch was. Musste schmunzeln, als vor Wochen gesagt wurde, dass in Hessen jetzt ein unabhängiger Ermittler eingesetzt wird. Einer?! Im Ernst? Wieviele illegale Abfragen von Polizeicomputern zu Linken, vermeintlichen Migrant*innen und Antifaschist*innen hat es gegeben? Wieviele Droh- und Morddrohmails sind rausgegangen unter dem Namen NSU 2.0? Wieviel Munition und Waffen sind verschwunden bei Polizei und Bundeswehr? Wieviele Hitlergrüße, Kameradschaftsabende und rechtsextreme Gruppen sind mittlerweile bekannt, die Uniform tragen und dafür bezahlt werden?! Und diese ganzen Hässlichkeiten kommen ausschließlich von rechts, von gewalttätigen Extremist*innen, die sich gar nicht an irgendeinem Rand organisieren müssen, sondern die Mitte ihres Berufsstandes dazu nutzen. Habt ihr mal was von Linken bei der Polizei gehört? Von welchen, die vielleicht organisiert eine Abschiebung verhindert hätten oder einen Neonazi in der Zelle verprügelt hätten? Nee?! Warum wohl? Weil die kuulen Leute in der Regel nicht zur Polizei gehen. Gäbe es dort irgendeinen emanzipatorischen Ansatz, der Menschenrechte, unvoreingenommene Hilfe und vielleicht sowas wie ein "anständiges Handeln" in den Fokus stellen würde, gäbe es diese strukturellen Probleme so gar nicht. Der Scheiß ist verdammt ernst und bedrohlich. Aus Hierarchien wächst immer wieder Faschismus. Zu wem sollen die Leute gehen, wenn sie bedroht werden? Zur Polizei? Guter Witz. Idil Baydar, Anne Helm und tausende andere, die in den Fokus von Rechtsextremist*innen geraten sind, brauchen unsere Solidarität. Werdet aktiv! Organize and move on!
Vielleicht kann unsere neue Platte hier und da ein begleitender Soundtrack sein:So Leudz! Endlich ist es soweit und der Film GEGEN DEN STROM geht bundesweit an den Start. Premiere ist am kommenden Donnerstag hier in Berlin im Citykino Wedding in der Müllerstraße 74. Alle weiteren Termine findet ihr
Der Trailer sieht so aus:
Gegen den Strom - Offizieller Trailer from Manuel Stettner on Vimeo.
Komisch, dass niemand danach fragt, was genau die große Aufregung verursacht hat. Von einer "ganz normalen Drogenkontrolle" ist immer nur die Rede. Warum will anscheinend niemand wissen, wie sich die Polizist*innen vor Ort verhalten haben? Wir wissen alle, dass Eskalationen maßgeblich verursacht werden durch unüberlegtes Handeln.
Kontrollen findet fast niemand geil. Sensible Sache, vor allem bei verdachtsunabhängigen Kontrollen. Oft genug konnte ich schon beobachten, wie so etwas von Seiten der Uniformierten respektlos und schikanös durchgeführt wurde. Und wenn sich das dann irgendwann mal als Standard etabliert hat, explodiert das Fass mal, logisch. Und wenn die Polizei hier von vielen nicht als "Freund und Helfer" )wahrgenommen wird (und als Freund*in und Helfer*in ja schon mal gar nicht), hat das was mit ihrem Ruf zu tun, an dem sie selbst jahrzehntelang mitgewirkt hat. Und dass es auch hier zu Lande zahlreiche Hinweise auf Verstrickungen der Polizei in die extreme rechte und die Neonaziszene gibt und sich struktureller Rassismus immer wieder offenbart, sollte bei genauem Hinsehen auch bekannt sein. Aber klaro, die Berichterstattung nimmt vor allem wieder migrantische Jugendliche in den Fokus, die einfach nur Bock auf Randale haben. So einfach ist das.
Die gleiche Prozedur wie immer.
Im Artikel 3 des Grundgesetzes steht geschrieben, dass "niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf". Wer in den letzten Jahren mal auf Lesungen oder Konzerten von mir war, hat vielleicht ein entsprechendes Statement meinerseits dazu schon vernommen. Ich habe zunächst immer darauf hingewiesen, wie unglaublich ich es finde, dass der Begriff "Rasse" immer noch im GG steht und dann behauptet, dass die AFD das auch gerne geändert hätte. Dass die möchten, dass dort wieder "Herrenrasse" steht. Na, wie klingt das, liebe Nazis? Niemand darf wegen seiner Herrenrasse benachteiligt oder bevorzugt werden! Schick, oder? Passt gut dazu, dass die AFD sich gerne als Opfer insziniert. Die armen Faschist*innen, die immer nur diffamiert werden. Ach Gottchen. Aber zurück zum Thema. Die Linke hat schon vor 10 Jahren angeregt, den Begriff Rasse aus dem GG zu streichen bzw. ihn zu ersetzen. Aufgekommen ist die Debatte jetzt aber nicht wegen Rassismus in Deutschland, sondern wegen dem Mord an George Floyd durch den Polizisten Derek Chauvin. Wenn sich jemand traut, von rassistischer Polizeigewalt in Deutschland zu sprechen, gehen alle empört durch die Decke. Saskia Esken von der SPD, von der ich echt kein Fan bin, hatte versucht, das vorsichtig zu erwähnen und erntete einen kleinen Shitstorm. Dabei ist auch hier "racial profiling" Normalität. Aber es ist gut, dass das Thema überhaupt auf'm Tisch ist und es ist gut, dass weltweit Menschen auf die Straße gehen gegen Rassismus. Wenn du fast 6 Jahrzehnte auf dem Buckel hast, so wie ich, wunderst du dich zwar, dass scheinbar alle so tun, als wäre der Tod von George Floyd ein Vorfall, der in seiner Brutalität so zum erstem Mal passiert ist, aber dann stellst du auch fest, dass die meisten Menschen auf der Straße jung sind und gar nicht weit zurückblicken können oder wollen, was schon alles war. Ich erinnerte mich jetzt z.B. wieder an Rodney King, der 1991 wegen einem Verkehrsdelikt von vier Bullen zusammengeschlagen und misshandelt wurde. Auch das wurde nur bekannt, weil es zufällig gefilmt wurde. Als 1992 die Täter freigesprochen wurden, gab es riots in Los Angeles, bei denen über 50 Menschen ums Leben kamen...wiederum durch Polizeigewalt. Und Rodney King starb damals nicht! Das ist fast 30 Jahre her. Da hat Robert Habeck angefangen zu studieren und ich war schon Autonomer. Und jetzt frage ich mich, warum nicht auch gleich mal an andere Stellen des Grundgesetzes sprachlich rangegangen wird. Nirgends steht beispielsweise, dass du wegen deiner "sexuellen Orientierung" nicht benachteiligt werden darfst. "Geschlecht" allein sagt das nicht aus. Und Habeck meinte ja ganz richtig, dass es statt um "Rasse" um "rassistische Zuschreibungen" gehen sollte. Das würde mit meinem Vorschlag korrespondieren. Aber wisst ihr, was das eigentlich Merkwürdige ist in dieser Debatte hier in Deutschland?! Politiker*innen im Parlament haben sich berufsmäßig um so Dinge zu kümmern und sie tun es nur so selten. Sie werden dafür bezahlt, sorgfältig und sozial gesellschaftliche Belange zu verwalten und zu regeln. Sie sollten alle wissen, was im Grundgesetz steht und die fortschrittlicheren unter ihnen hätten schon vor 50 Jahren auf die Idee kommen können, mal den einen oder anderen Hinweis auf sprachliche Problemfälle hinzuweisen. Wieviele tausende haben das schon versäumt?! Es sind aber immer nur Einzelexemplare, die genau hinschauen und sich mal nach vorne wagen...Wie lange das alles immer dauert. Wann fing die taz damals an, das "innen" per Unterstrich einzuführen? In den 1990ern? Anne Will, die Moderatorin hat vor kurzem damit begonnen, Sprache auch mündlich zu gendern, was anscheinend extrem viele Menschen verwirrt. Aber sogar beim Musikstreamingdienst spotify findet sich mittlerweile das * , das unter anderem auch darauf hinweist, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. Wann werden sich die Menschen das "Meine sehr geehrte Damen und Herren" endlich abgewöhnen? ("Trans auf dem Vulkan" heißt übrigens ein neuer Song auf dem neuen option-weg-Album). Eine letzte Anmerkung zum Schluss. Über dem Haupteingang des Reichstages, immerhin Sitz des deutschen Bundestages, steht in großen Lettern immer noch DEM DEUTSCHEN VOLKE. Warum? Warum immer noch? Ich würde davon ein Foto machen, es einrahmen und dann in das Foyer des Gebäudes hängen mit der kurzen Erklärung: Vordere Fassade Reichstag bis 2020. Dann würde ich den Schriftzug am Gebäude entfernen und durch einen neuen ersetzen:
DEN MENSCHEN, DIE HIER LEBEN
Und schon wäre ein weiterer Beitrag geleistet gegen nationale deutsche Dominanzkultur hin zu einer offenen pluralistischen und bunten Gesellschaft. Symbole sind Haltung! Ich fürchte, dass frühestens in 20 Jahren jemand diesen Vorschlag ernsthaft aufgreift...vielleicht wieder Robert Habeck als Alterspräsident des deutschen Bundestages oder so...Und wenn ich das so schreibe, bin ich offensichtlich durchaus optimistisch im Ausblick, dass hier nicht rechte, konservative und extremrechte Kräfte das Zepter bis dahin übernommen haben. Ich Träumer.
Kleiner Beitrag zu Hygiene-Demos und Verschwörungsknallos, vor allem aber ein Aufruf an alle, die darüber berichten, emanzipatorische linke Bewegungen nicht mit hineinzumengen und sie gleichermaßen als extremistisch zu betiteln...
Wie unfassbar ignorant und denunziatorisch ist das denn bitteschön??!!
Habe echt keinen Bock, hier so superoft was zu schreiben, aber den gestrigen Tag kann ich nicht unkommentiert lassen. Viele sind sich anscheinend einig, dass die paar hundert Menschen, die in Kreuzberg politisch flanierten, vielleicht waren es auch 2000, das Problem sind/waren. Ich sehe das anders! In dem Aufruf zu der ganzen Geschichte (...wir treffen uns erstmal um 18 Uhr in der O-Straße...) wurde explizit erwähnt, dass es NICHT der Plan ist, sich in großen Gruppen zu versammeln oder gar ohne Abstände gemeinsam zu demonstrieren. Die allermeisten hatten es eh vorgezogen, sich da gar nicht erst hinzubegeben, sonst wären es wieder ein paar 10.000 Menschen gewesen. Das diesjährigen politische Anliegen lag schwerpunktmäßig darin, auf die unhaltbaren Zustände von Lagern hinzuweisen, die sich nicht nur in Griechenland befinden. LEAVE NO ONE BEHIND war gestern ein Slogan, der vielen Demonstrant*innen wichtig war. Das kannst du als Senat auch einfach laufen lassen und meinetwegen den Kopf schütteln, wie es die Polizeipräsidentin gemacht hat. Oder dich "ärgern", wie der Innensenator. Oder aber, du schickst ein paar tausend Bullen los und sorgst für Unfrieden. Und wenn die halt Order kriegen, auf alles loszugehen, was nach "mehr als 3" aussieht, dann fabrizierst du eine hübsche Eskalation. Es funktioniert verdammt nochmal nicht, größere Menschenmengen von der Straße prügeln zu wollen und nach Hause zu schicken, einzelne festzunehmen und sich dabei eklig + scheiße zu verhalten. Der Senat hätte sich vorher hinstellen und sagen müssen, dass er so kleine Aktivitäten dulden wird und diesen berechtigten politischen Anliegen eine gewisse Toleranz einräumt. Punkt. Da wären trotzdem nicht viel mehr gekommen. Stattdessen immer druff, Strafanzeigen schreiben, Leute mit Prozessen überziehen, sie gewaltsam angreifen...für NIX! Und dann wird es später den "Linksextremisten" zugeschrieben, vielen Dank auch! Wo sind wir hier gelandet? Die Rigaerstraße wird natürlich immer in einem Atemzug mitgenannt und der Überfall auf das ZDF-Kamerateam wird da auch noch mit reingemengt. Auf dem Rosa-Luxemburg-Platz hätten sich "rechte und linke Verschwörungstheoretiker" versammelt, das lese ich auch neuerdings überall...Eigentlich sollten doch gerade auch Journalist*innen in diesen Tagen genug Zeit haben, sowas gründlicher zu recherchieren. Oder gibt es daran kein Interesse?! Wieso bin ich mir eigentlich jetzt schon sicher, dass hinter dem Angriff auf das Kamerateam extreme Rechte stecken?! Ich kenne die Umstände nicht und es wurde zu diesem Zeitpunkt auch noch nichts in so einer Richtung verlautbart, aber trotzdem lehne ich mich aus dem Fenster und sage: Das waren Leute aus dem Umfeld von AFD, Pegida, den Identitären, Nazi-Hools etc...Warten wir es mal ab. In spätestens ein paar Tagen sind wir alle schlauer. Hoffe nicht, dass ich dann die aufgestellte These noch revidieren muss. Heraus zum 8.Mai!
Der erste Mai steht vor der Tür und klopft. Und? Macht ihr auf? Oder habt ihr Schiss? Vielleicht ist er ja infiziert,...der erste Mai. Dann soll er lieber wieder gehen, oder?!
Oder ihr lasst ihn doch rein, bietet ihm einen Kaffee an und setzt euch zusammen in die Küche...mit Sicherheitsabstand, logo. Und dann? Quatschen? Worüber denn? Ah ja, vielleicht über das Geflüchtetenlager Moria auf Lesbos? Eines von so vielen, wo die Not unendlich und die Zustände katastrophal sind. Oder quatschen wir über die Rüstungskonzerne, die maßgeblich beteiligt daran sind, dass Menschen aus ihren Regionen herausgebombt werden und fliehen müssen? Reden wir über aufkommende neue patriachale + faschistoide Bewegungen und Führer weltweit, über den Klimawandel, über Obdachlosigkeit und soziale Ungerechtigkeit? Reden??? Watt?? Bequem zu Hause beim Kaffee? Was ist los mit uns, dass wir so ruhig bleiben können? Wir haben längst angefangen, uns an die beschissenen Zustände und gesellschaftlichen Mechanismen zu gewöhnen. Das ist nicht richtig. Klaro, es ist zur Zeit deutlich schwieriger, sich Gehör und Aufmerksamkeit zu verschaffen, denn wir müssen uns über unsere politischen Anliegen hinaus noch mit einer relevanten Eigenschaft beschäftigen: Sensibilität. Wegen COVID-19. Sich wütend auf die Straße zu begeben, sich in großen Blöcken laut artikulieren und zeigen, dass wir viele sind und verdammt nochmal Recht haben mit dem, was wir fordern, funktioniert gerade nicht so gut, denke ich. Das würden uns auch viele verübeln, weil es aussähe, als gingen uns die vielfältigen Virus-Ängste am Arsch vorbei. Das ist aber hoffentlich nicht so. Also begeben wir uns auf die Suche danach, was angemessen scheint. Sichtbarer Protest...Es gab in den letzten Wochen viele gute Aktionen, die sich gezeigt haben und die beachtet wurden. Analog und digital. Politischer Druck entsteht durchaus auch, wenn beispielsweise an wirklich vielen Fassaden Forderungen und Parolen hängen, wenn Menschen Schilder im Stadtbild platzieren oder sich damit durch die Gegend bewegen. Auch Transparente außerhalb von Häusern sind möglich und auch gerufene Parolen. Aber Leute,...Sensibilität...gegenüber allen, die potentiell solidarisch sind. Gegenüber uns selbst sicher auch. Und vielleicht sogar gegenüber denen, die uns scheiße finden, um ihnen keine Argumente an die Hand zu geben, deswegen gegen uns zu hetzen. Das ist wichtig. Ich verlinke hier einen Aufruf zum ersten Mai, der sich auch damit beschäftigt und trotzdem vehement auf das inhaltliche und politische Moment dieses Tages hinweist. Entscheidet selbst, was ihr davon nehmt und weitergebt, wo ihr euch einbringt und was euch zuviel ist:
Ich halte es in diesen Tagen für das Wichtigste, sich solidarisch zu zeigen mit all denen, die in Not sind und denen, die sich trotz allem immer noch so krass engagieren. Und Solidarität ist mehr als klatschen,...know what I mean! Am Ende die Lyrics eines neuen Songs von Option weg, den ich schon am Ende letzten Jahres schrieb und den ich gerade auch recht passend finde. Kommt noch in diesem Jahr auf CD und Platte!:
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Zurückhaltung
Alle, die wissen, wie es geht, sagen „Hey!“
Alle, die sich nur verweigern wollen, sagen „Nee!“
Alle, die noch unentschlossen sind, sagen nix,
aber bitte keine Lügen und bitte keine Tricks!
Alle Atheisten müssten wissen, wie es geht.
Alle Religiösen dösen jetzt mal zum Gebet.
Alle, die das nie verstehen werden, sagen nix,
aber bitte keine Fakes und bitte keine Tricks!
Alle Anarchistinnen wissen, wie es geht.
Alle Aufgeklärten lieben Anonymität.
Alle, die nix zu verbergen haben, sagen nix,
aber bitte keine Fragen und bitte keine Tricks!
Zurückhaltung ist auch ne Haltung
Holding back is also an approach
Das is’n komischer Refrain sagt mir eine voller Wut:
Hab mich immer nur zurückgehalten, find das gar nicht gut!
Alle Idioten brauchen in die Fresse fix,
aber bitte mit dem Knüppel und bitte keine Tricks!
Alle Abgehängten wissen gar nicht wie es geht,
weil die Welt sich nicht um sie, sondern um die Sonne dreht.
Alle, die jetzt denken, sie versteh’n das, sagen nix.
Und bitte keine Fragen, bitte keine Tricks!
Alle, die wissen, wie es geht, sagen „Hey!“
Alle, die sich nur verweigern wollen, sagen „Nee!“
Alle, die noch unentschlossen sind, sagen nix,
aber bitte keine Lügen und bitte keine Tricks!
Zurückhaltung ist auch ne Haltung
Holding back is also an approach
Zurückhaltung ist auch ne Haltung,
aber nicht bei den Faschisten!
Zurückhaltung ist auch ne Haltung,
aber nicht bei den Faschisten!
Verdammt, da ist mir doch glatt der 20ste Todestag von Ian Dury durchgerutscht. Euch auch, oder? Das war noch im März, am 27sten. Vielleicht fragen sich auch Leute, wer das gewesen sein soll, dieser Ian Dury? Er hat so wunderbare Sätze gesungen wie "Take your elbow out of the soup, you’re sitting on the chicken" oder "Keep your silly ways or throw them out the window" aus einem Klassiker, den ihr vermutlich alle schon mal gehört habt:
Ian Dury stammt noch aus der Zeit, in der Punk aufkam. Für mich war er immer Punk, auch wenn seine musikalischen Wege sich deutlich abhoben von denen der Ramones, den Clash oder den Sex Pistols. Das mochte ich immer sehr, vielleicht auch, weil ich damals selbst unkonventionelle Pfade beschritt, als ich mich mit meiner Quetsche in die autonome Szene traute. Ian Dury war 57 Jahre alt, als er starb, so alt, wie ich heute...upps.
Ich möchte euch noch kurz die neuen COVID-19-Regeln mitteilen, um mitzuhelfen, dass alles wieder besser wird.
1) Das Tragen von Uniformen in der Öffentlichkeit wird ab sofort als Ordnungswidrigkeit geahndet
2) Wer mit Schutzkleidung, Schutzmasken oder sonstigen medizinischen Notwendigkeiten wuchert, unfair handelt oder Profite macht, kommt in Dauerquarantäne für mindestens 5 Jahre in einem stillgelegten Schwimmbad seiner/ihrer Wahl.
3) Das Herstellen, Produzieren, Fahren und Dealen mit SUVs und sonstigen Angeberkarren ist ab sofort verboten. Fahrzeugrestbestände dürfen kostenfrei bei der örtlichen Schrottverwertung abgegeben werden. Hat nix mit Corona zu tun, aber nervt und wird jetzt einfach abgeschafft, keine Diskussion!
4) Alle Menschen, denen keinerlei Systemrelevanz bescheinigt wird, bekommen eine Grundsicherung von mehreren tausend Euro / Dollar,...pro Tag...was auch immer...nach Bedarf.
5) Alle Menschen, die zu sogenannten Risikogruppen gerechnet werden, haben ab sofort jeden Tag einen Wunsch frei. Die guten Feen und Feelixe werden vom Bundesamt für Gratisträume gestellt und gut bezahlt.
6) Ab sofort verdienen alle Menschen aus den Bereichen Pflege, Soziales, Transport und Supermärkte genauso viel, wie Profifußballer.
7) Wer Leute belästigt, die einfach nur alleine ein Buch im Park lesen oder zu zweit mit zwei Meter Abstand auf einer Bank sitzen und sich ausruhen oder unterhalten, kriegt n paar in die Fresse.
Bitte haltet euch an die neuen Regeln und achtet drauf, dass auch andere sie einhalten. Alles wird wieder hübsch! Der Frühling trägt diesen Sommer ein anarchohelles Luftkissen!
Zur Zeit ist überall Ausnahmezustand. In den Städten, auf dem Land, an den Grenzen, in den Herzen, den Wohnungen, in den Krankenhäusern, in den Köpfen und Körpern. Fast alle haben Schiss. Die meisten Menschen gehen sich wohlwissend aus dem Weg. Das ist meines Erachtens auch richtig so. Ich fange an diesem Punkt nicht an, meine "Bürgerrechte" zurückzufordern. Ich finde den Appell nach äußerster Zurückhaltung im Umgang mit Menschen okay. Ich wüsste nicht, was ich stattdessen vorschlagen sollte. Ich vergesse aber auch nicht, dass im täglichen Corona-Diskurs wieder einmal diejenigen nicht mitgedacht werden, die gerade eh total am Arsch sind. Menschen auf der Flucht. Menschen in Krisengebieten. Menschen in Not. One planet, one struggle, one fight, verdammt. Deshalb möchte ich die folgende Seite verlinken und euch auf die Aktion am Sonntag aufmerksam machen:
Es ist, wie das Meiste, was wir angehen und bewerben, ein Tropfen auf den heißen Fisch, aber...Sinn, auch wenn es kaum zu seh'n ist macht das alles!
Und nur, wer das aufmerksam anschaut, hat Spaß. Wieviele Fehler findest du?
Liebe Leute! Es fällt mir schwer, aufgrund der aktuellen Entwicklungen bezüglich des COVID-19, die Lesungen in Leipzig, Cottbus und Weimar abzusagen, aber ich will es tun. Ich beobachte, dass die meisten Menschen gerade mit einem sehr mulmigen Gefühl durch ihren Alltag laufen und bin selbst so drauf, dass ich geplante Konzerte, für die ich schon Karten habe, nicht besuchen werde (sofern sie überhaupt stattfinden würden). Mir ist bewusst, dass mein Lesungs-Publikum eher übersichtlich ist und rational auch nicht die Mega-Ansteckungsgefahr bestehen würde, aber locker und easy geht trotzdem anders und ich hätte eben auch gern all die Leute dabei, die gegenwärtig wegen dem Virus das Haus nicht verlassen möchten oder schon erkrankt sind. Auch würde mir nicht gefallen, dass Veranstalter*innen sich nun in der Pflicht sehen, das alles durchziehen zu müssen, nur weil wir es seit einem halben Jahr planen. All das spricht für eine Verlegung der Termine, und zwar dann, wenn sich die Lage wieder entspannt hat. Achtet auf Ankündigungen, kommt alle gut über diese fiese neue Zeit und bleibt am Besten gesund dabei. Wir sehen uns an anderer Stelle! Yok
Das heutige Konzert von Konny im so36 wird nicht stattfinden. Hatte gestern noch gehofft, dass uns das So36 selbst die Entscheidung abnimmt, aber dem war nicht so und deshalb hat die Crew, das Team, das Umfeld, die Beteiligten selbst entschieden in Absprache mit Konny bzw. andersrum. Was'n Scheiß das alles. Hier kurz Konnys Text dazu:
Hey Leude, nach langen Diskussionen in der Veranstaltungs - Gruppe: Am Ende steht, dass das Konzert heute Abend abgesagt wird. Wegen Corona-Shit. Einfach weil sich einige Leute ausm Team damit grad nur ungern arrangieren können, bei denen mir das wichtig wär, dass wir einen guten und schönen Abschluss haben. Ich selbst bin grade durch die deutschen Risikogebiete gefahren, hab mit unfassbar vielen Leuten engsten Raum geteilt und bin mit ner fetten Erkältung am kämpfen. Kann also nich mal zu hundert Prozent sagen, dass ich den Mist nich selbst auch mit mir rumschleppe. Allet am Ende bischen durcheinander - aber Verantwortung geht vor. Ein anderer Punkt ist, dass das Durchführen des Konzertes bedeuten würde, dass Leute strukturell ausgeschlossen wären. Nämlich die, die altersmäßig und von Vorerkrankungen her einer Risikogruppe angehören. Also safe: Das Konzert findet heute abend nicht statt. Schöne Scheiße! Machste einmal als kleener Liederheini dit SO36 voll und denn sowat. Najut. Ihr kriegt natürlich euer Eintrittsgeld zurück, so ihr das wollt. Wir möchten euch allerdings bitten zu überlegen, ob ihr den Zehner nich trotzdem einfach spenden wollt, denn das ist ja weiterhin der Antirep - Solizweck. Wir holen das nach!! Lieb jegrüßt, Konny
So ist das nun. Wäre ein schöner Abschluss gewesen, aber du kannst nicht ignorieren, dass das Virus gerade allgegenwärtig und gefährlich ist. Wir werden lernen müssen, damit umzugehen. Auf der Tour, die uns an elf Tagen durch neun Städte führte, hat uns das gedanklich auch schon begleitet, aber alles hat stattgefunden und es war megaschön! Etwa 2800 Menschen wollten die Konzerte sehen und so 500 kamen nicht mehr rein. Jeder Abend war mehr oder weniger ein Fest, Konny sang sich die Seele aus'm Leib und oft genug stimmten viele viele Kehlen mit ein und der Saal dröhnte. Was war das für eine geile Zeit!! War mir auch eine Freude, bei drei Stücken mit auf der Bühne zu stehen und mit Konny gemeinsam zu performen. Es hat einfach Spaß gemacht und war jetzt auch nicht so supertraurig alles, weil der Abschied ja nicht bedeutet, dass da nix mehr kommt. Im Gegenteil! In absehbarer Zeit werdet ihr GRIPS UND SCHADEN anschauen und anhören können, Konnys neue Combo. Und auch das so36-Konzert soll nachgeholt werden. Es ist bloß noch unklar, wann. Erst einmal wird es darum gehen, diese virusgefährdete Zeit gut und solidarisch zu überstehen. Dabei wünsche ich allen das Beste, viel Umsicht und Gesundheit! Achtet aufeinander und helft, wo ihr könnt!
Morgen beginnt Konnys Abschiedstour. Wir werden die zusammen fahren. Bin da hauptsächlich als Fahrer und Sachenverkäufer dabei. Aber wir werden hier und da auch kurz miteinander auf der Bühne stehen. Lasst euch überraschen! Ich freu mich drauf. Das werden über 2000 Kilometer, die wir zu fahren haben zwischen Rostock und München, zwischen Hamburg und Freiburg. Vielleicht sagt uns in Süddeutschland ja irgendwo das Corona-Virus Guten Tag. Alte Leute sind gefährdeter. Da bin ich schlechter dran als Konny. Vielleicht machen wir Einlasskontrollen mit so ner Blumenbestäuberflasche, in die wir dann vorher Wodka-Orange einfüllen werden (Orange wegen der Vitamine, den Wodka wegen Töten...also den Virus...das Virus, der Virulant?!). Den Großraum BRD verlassen wir nicht. Schade eigentlich, wo es doch in der Schweiz gerade wieder so eine tolle Volksabstimmung gab. Vor gut 2 Wochen kam das in den Nachrichten: "Die Diskriminierung wegen sexueller Orientierung ist in der Schweiz in Zukunft verboten! 60% der Wahlberechtigten haben dafür gestimmt." Okay, dachte ich da. Das soll jetzt wohl ne gute Nachricht sein, aber es heißt doch, dass Diskriminierung wegen sexueller Orientierung vorher erlaubt war und dass 40% das auch gerne weiterhin so gehabt hätten. Ich bin eigentlich froh, dass es hier nicht so viele Volksabstimmungen gibt. Ich trau den Leuten nicht. In der Schweiz wurde ja auch die Grundrente für alle abgelehnt. Was is'n das? Macke oder wat? "Der Mensch an sich is'n Vollidiot" habe ich vor Jahren mal gesungen. Stimmt irgendwie. Ich wünsche mir mehr Humor sapiens. Sehen uns! Meine Monatsrubriken habe ich diesmal etwas vorgezogen wegen der Tour und schaut auch mal auf die neuen Konzerttermine von Option weg!!
In Hanau wurden 9 Menschen erschossen aus rassistischen und menschenverachtenden Motiven. Es ist eine der schlimmsten und folgenschwersten rechtsextremen Taten der Nachkriegsgeschichte. Ich bin so geplättet und traurig davon, dass ich meine Wut kaum noch spüre. Bin den ganzen Tag Taxi gefahren. Auf Radio1 klingt das alles wie eine ganz normale Nachricht. Kaum Expertenmeinungen oder andere Menschen, die dazu befragt werden oder ihre Meinung sagen können. Den ganzen Tag poppige Musik in einem durch. Auf Info-Radio gibt es keine Musik. Nie. Sondersendung aber auch dort Fehlanzeige. Die Meldung von der Verurteilung der vermeintlichen Diebe einer hundertkilo schweren Goldmünze scheint ebenso wichtig. Und während kaum ein Sender meldet, dass der Hanau-Täter ein Deutscher ist, wird bei den Goldmünzenräubern explizit erwähnt, dass sie einem "arabischstämmigen" Clan angehören. Auf Radio Fritz höre ich unerträglich gute Laune als wäre gar nichts passiert. Der Moderator, dessen Name ich echt nicht wissen möchte, macht Witze über Karneval und Fasching. Alles locker flockig und albern. Radio Fritz, Jugendsender? Was ist ein Menschenleben wert? Es ist von "Fremdenfeindlichkeit" die Rede. Bullshit! Sogar die Kanzlerin nennt es sofort Rassismus. Sie spricht von Mord und nicht, wie andere, von einer "Schießerei". Sie nennt die Opfer Mitbürger und nicht Migranten. Danke! Merkwürdig teilnahmslos trotzdem. Routine. Thüringen wirkt im Rückblick noch zynischer. Schämt euch! Indirekt gemeinsame Sache mit der AFD machen, mit den Faschisten, dem rassistischen Normalzustand. Offen über Zusammenarbeit nachdenken, ihr Arschlöcher! Eben hat jemand bei der Kundgebung auf dem Hermannplatz gesagt, dass es keine Mitte zwischen Faschismus und Antifaschismus gibt und das trifft den Nagel auf den Kopf. Dieses Scheißgerede von Scheißkonservativen von der Scheißmitte! Fuck off! Meine Wut ist doch noch da. Immerhin.
Anlage voll aufdrehen und Boxen nach draußen!
Habe mir gerade mal die Website der Werteunion angeschaut. Das ist ja so'n Verein innerhalb der CDU/CSU, der sich immer mal wieder halbwegs eklig zu Wort meldet. Die haben ein "Konservatives Manifest" verfasst. Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, in welchen Punkten die AFD den meisten dort formulierten Positionen nicht zustimmen würde. Das wäre jetzt alles nicht weiter schlimm, wenn sich die CDU/CSU selbst nicht permanent als "bürgerliche Mitte" bezeichnen würde. In meinem Verständnis gehört die Werteunion in die Kategorie "rechtsextremer Rand" und der Rest der Partei steht direkt daneben. Ich kann da keine Mitte mehr sehen bei den Positionen, die sie vertreten. Aus- und Abgrenzungen ohne Ende. Deutsche Leitkultur. Assimilation statt Integration. Nur das Christentum ist eine wahre, gute und richtige Religion. Schwangerschaftabbrüche sind moralisch verwerflich und gehören eigentlich verboten. Patriotismus yes! Nicht-Akzeptanz anderer Lebensentwürfe außer Familie mit Vater/Mutter/Kind. Kein Wort zur deutschen Geschichte, zum Holocaust, zu einer Wichtigkeit von Erinnerungskultur. Bekämpfung von Genderforschung...und und und...Ich habe in letzter Zeit oft gesagt, dass ich die Art wie ich lebe, bedroht sehe. Ich werde wahrgenommen als "weißer heterosexueller deutscher Mann", der das Glück hat, fast nie wegen Herkunft, geschlechtlicher Orientierung, Hautfarbe, Religion oder Sprache diskriminiert zu werden. Und trotzdem kriege ich Schiss. Nicht vor den Hardcore-Nazis, aber vor all denen, die meinen, ihr extremer Konservativismus müsse Programm für alle sein. Und das sind Positionen der AFD, die offenbar weit hineinreichen in die CDU/CSU und nicht enden bei ehemaligen Mitgliedern der SPD wie beispielsweise Sarrazin. Den Scheiß von der "bürgerlichen Mitte" will ich jedenfalls nicht mehr hören. Da kommen nämlich so "lustige" Sachen bei raus, dass aus einem bürgerlichen Linken wie Bodo Ramelelow, der sozialdemokratische Politik macht, ein Extremist wird, mit dem die CDU/CSU nicht zusammenarbeiten kann. Es mag komisch klingen, wenn jemand wie ich sagt, dass ich in mancherlei Hinsicht sogar noch froh darüber bin, dass Merkel als Kanzlerin ein halbwegs liberales Gegengewicht darstellt. Wenn ich mir vorstelle, dass da so Typen wie Merz oder Spahn plötzlich das Sagen hätten, können wir uns auf deutlich heftigere Winde einstellen. Muss aber auch nicht schlecht sein, wenn die Feindbilder wieder klarere Konturen aufweisen. Müssen wir eben auch wieder etwas an Vehemenz zulegen und uns eine neue Unbequemlichkeit antrainieren. Hey ho, let's go!
Woran erinnert dich die Überschrift? Was assozierst du? AFD? AFD-Flügel? Die konservative Rechte? Die extreme Rechte? Oder Kabarett?
Ich habe vor ein paar Tagen im Taxi wieder mal Radio1 gelauscht und da waren die Kabarettisten Florian Schröder und Serdar Somuncu im Gespräch miteinander. Da ist etwas interessantes passiert. Ich habe euch mal ein paar Passagen aus dem Dialog rausgeschrieben:
Serdar macht eine zotig/sexistische Bemerkung. Danach sagt er aufgeregt:
Mir geht das so auf den Sack mittlerweile. Immer und überall wo ich bin, denken immer alle Leute „kann ich das sagen?…Nein…meine Karriere…nein, jetzt werd‘ ich verdächtigt, Sexist oder Rassist zu sein“ Ich will wieder alles sagen, was mir durch den Kopf geht! (verhaltener Applaus)
Florian: Na klar! Deswegen gehst du doch auf Tour.
Serdar: Ja, ich geh ja auf Tour und hab mir überlegt, soll ich mir diesen Maulkorb anlegen, nein auf keinen Fall!
Florian: Natürlich nicht!
Serdar: Und ich werde verdächtigt und ich liebe es, verdächtigt zu werden, alles zu sein! Ich bin homophob, Rassist, Sexist, ich hab vor Frauen onaniert ohne sie zu fragen, ich…alles…ich hab alles gemacht und bin wahnsinnig stolz drauf. (Gelächter)
(…)
Serdar: Alter ey, wir leben in einer so krassen Zeit, also natürlich gab’s krassere Zeiten vorher, aber diese Diskussionskultur, die wir haben, die keinen Diskurs mehr möglich macht, dieses entweder oder, schwarz/weiß, bist du für oder gegen mich, das geht mir so auf’n Sack und es ist durch das Internet so beschleunigt und potentiert worden, dass man gar nicht mehr die Möglichkeit hat, einen vernünftigen Gedanken einzustreuen oder zu insistieren oder abzuwarten bis sich überhaupt mal ein vernünftiger Gedanke ausprägt.
(…)
Florian: Ja! Es gibt auch nur noch die Extreme. Entweder hast du die totale Empörung, die sich sofort durchsetzt oder du hast die absolute Empfindlichkeit.
(…)
Dann sagt der Florian zu einem „Thunberg-Witz“ von Dieter Nuhr:
Das ist ein völlig legitimer Witz, den man machen kann und man hat vor allem nicht darüber zu diskutieren, ob der Witz gut oder schlecht ist, weil du kannst tausend Meinungen haben, welchen Witz du gut findest, welchen Witz du schlecht findest, was du lustig findest, das darf überhaupt keine Frage sein und natürlich ist es das Recht eines Komikers, die Tür auf zu machen.
Serdar: Und die Pflicht!
(…)
Serdar: Kabarett ist doch nicht Mainstream, wir sind doch die, die gegen den Strich bürsten und wenn du heute siehst, dass der Mainstream ja die Leute sind, die im Prenzlauer Berg wohnen für 5000 Euro in einer 3-Zimmer-Altbauwohnung mit einem Kinderwagen, der das zehnfache kostet, dann müssen die doch unser Thema sein, dann müssen wir uns doch auch trauen, denen was zu sagen. (Applaus)
Florian: Klar, klar!
Dann macht Serdar noch’n Spruch, dass er so eine Bauchfalte hat, wo er nur noch die Spitze seines Pimmels sehen kann und dass er seine Gagen bei tschechischen Nutten (Zitat) ausgibt. Das eine scheint zu stimmen, das andere meint er wohl satirisch.
Auch wenn ich nicht verstehe, von welchem Maulkorb hier gesprochen wird, möchte ich das Folgende anmerken. Es ist gut, dass wir nicht alles sagen, was uns durch den Kopf geht. Und es ist auch gut, dass wir nicht alles tun, was uns durch den Kopf geht. Ich nenne das "soziale Reflektion". Sie hindert uns daran, andere zu verletzen oder dass wir uns schlichtweg wie Arschlöcher verhalten. Wenn das nicht funktioniert, kommen wir sehr schnell in den Bereich von Diskriminierungen und Verächtlichmachungen. Und wenn es nicht nur um Worte, sondern um Taten geht, kommen wir in den Bereich von Gewalttaten. Jede/r von uns trägt ein gewisses Maß an Gewaltpotentialen, an Ressentiments und an schlimmen Fantasien in sich, die er/sie deshalb nicht herauslässt, weil das anderen schaden würde. Das unterscheidet mich z.B. von einem Serienkiller. Der Serienkiller tötet einfach. Ich mache das nicht! Denken tun wir vieles, gerade wenn wir uns über andere ärgern. Es ist aber nicht erstrebenswert, alles sagen zu dürfen und alles tun zu dürfen. Zurückhaltung ist auch eine Haltung. "Man hat nicht darüber zu diskutieren, ob ein Witz gut oder schlecht ist!" sagt Florian Schröder. Doch Digga. Serdar macht sexistische Witze und möchte das als Satire verstanden wissen. Nee, so nicht. Er kann als Typ auch einfach mal respektvoll schweigen, wenn ihm seine sexualisierten Vorstellungen durch den Kopf schwirren. Vor allem deshalb, weil er damit dann nicht allen in den Rücken fallen würde, die sich z.B. me-too-mäßig engagieren. Kabarett hatte mal eine Haltung, die ich mochte. Es gibt noch welche, die Haltung haben. Volker Pispers, Hagen Rether und Claus von Wagner wären meines Erachtens drei, von denen ich das glaube. Die haben es nicht nötig, so derbe auf emanzipatorische Ansätze einzuprügeln. Serdar hat da Bock drauf. Provokation, klar Alter...alles sagen dürfen...jaja...kenn ich von Pegida...langweilig. Florian und Serdar haben gar nicht gemerkt, dass sie sich mit ihrer kleinen Unterhaltung in der gleichen Logik bewegt haben, die wir zur Genüge von Wutbürger*innen und Protestwähler*innen kennen. Das ist ein Fahrwasser, in dem auch Leute wie Dieter Nuhr und Andreas Rebers schwimmen. Gerne mal soziale (linke) Bewegungen verächtlich machen und das als Satire verkaufen. Dummerweise ist die Haltung dahinter zumindest für mich relativ klar zu erkennen. Wie soll ich es nennen? Konservativ? Spießig? Neoliberal? Und ich stelle auch noch die These auf, dass das so sein muss, denn diese Leute wollen ja Erfolg haben und mittlerweile ist klar, dass auch die Wählerschaft der AFD im Publikum sitzt und denen gefällt das, wenn sich über Greta, über Veganismus oder die Linke lustig gemacht wird. Ich komme noch aus einer Zeit, wo Kabarett eine potentielle Verbündete von anarchischem Denken war. Vielleicht erklärt das, dass ich mich hier so ausführlich dazu äußere. Noch'n Zitat von Dieter gefällig?
"Wenn unsere Kinder meinen, wir könnten diese Welt durch ein bisschen Sonne und Wind antreiben, dann sollten wir Eltern ihnen ein Hamsterrad mit Dynamo ins Kinderzimmer stellen. Da können sie dann ihre Handys aufladen."
Dass Florian und Serdar dieses platte Bild zeichnen, dass es nur noch schwarz oder weiß gäbe, ist zusätzlich tragisch, denn auch das ist exakt das, was die neue Rechte permanent skandiert. Und hey,...der Mainstream wohnt im Prenzlauer Berg?? Da mag der reiche Mittelstand wohnen. Mainstream ist konservativ bis rechtsextrem, kapitalistisch und einigermaßen arrogant und unempathisch. Mainstream sind auch Mario Basler, Jan Fleischhauer, teure Veranstaltungspreise und das Dschungelcamp. Euer Kabarett passt da ganz gut rein.
Verweigerung könnten wir auch Verneinung nennen und wenn es vermehrt auftritt: Wiederverneinung. Oder Wiederverneinigung?! Damit es auch alle verstehen?
Habe gerade die Termine von Konnys nächster und gleichzeitig letzter Solotour auf meine Seite gestellt. Ihr könnt sie auch auf seiner Seite einsehen und dazu lesen, warum er solo nicht weitermachen möchte.
Ich fühle mich dabei natürlich etwas erinnert an meinen eigenen Werdegang. Habe das damals ja auch erklärt, warum ich aufhöre,...solo.
Und dann kam Tod und Mordschlag und später Revolte Springen und schließlich Option weg...oder anders gesagt: Es ging immer weiter bis zum heutigen Tag, nur immer anders. Und so ähnlich wird das hoffentlich auch bei Konny laufen. Alle dürfen gespannt sein, was da kommt!