Ich bin geboren worden im Jahr der Kubakrise, dem Entstehungsjahr der Beatles. Es ist das Jahr, in dem Marilyn Monroe starb und in Norddeutschland eine furchtbare Sturmflut wütete.
Meine Eltern sind einfache Leute, Krankenschwester und Elektriker. Meine Schwester ist 5 Jahre älter und kann gut turnen.
Das Besuchen der Grundschule funktioniert ganz gut. Das Gymnasium später fällt schwer. Ich komme nicht durch bis zum Abi. Es ist vor allem meine auflehnende Haltung gegen die eingesetzten Autoritäten, die mich am Weitermachen hindert. Vielleicht war es einfach auch nur Pubertät mit langen Haaren. Ich schaffe gerade noch die mittlere Reife, bewerbe mich bei den Bullen, trampe alleine nach London und Birmingham. Als ich zurückkomme, rufen die Bullen an, bieten mir den angepeilten Ausbildungsplatz an, aber ich sage direkt ab und gehe doch noch ein weiteres Jahr zur Schule.
Dann endlich weg da mit einer „5“ in Musik. Jobben, Kriegsdienst verweigern und ab in den Zivildienst. Den leiste ich ab in einem Kinderheim für Sozialwaisen. Die Kids sind 8 – 18 Jahre alt, haben viel durchgemacht und bauen Scheiße ohne Ende. Ich komme irgendwie ganz gut klar und ziehe 2 Jahre durch.
Danach will ich Krankenpfleger werden, auf keinen Fall Erzieher. Wenig später absolviere ich eine 3jährige Erzieherausbildung in Hamburg.
Ich lerne die RAK kennen (rotzfreche Asphaltkultur), gehe auf jedes Treffen. Das ist genau mein Ding... politische Musik von coolen Leuten mit langen Haaren...
Erzieherausbildung abgeschlossen, ab nach Berlin mitten im Winter. Keine/r da, den/ die ich kenne, außer Wusel, mit dem ich nun drei Jahre lang Auftritte vor Kindern und Erwachsenen bestreite. Wir leben auch tatsächlich davon. Als es nicht mehr gut läuft, mache ich meinen P-Schein (Personenbeförderungsschein), um Taxi zu fahren. Parallel bin ich in der autonomen Linken angekommen und schneide mir die Haare ab. Hasskappe kaufen, Haus besetzen, keine Demo auslassen, kollektiv wohnen und arbeiten, nebenbei mit „Yok Quetschenpaua“ anfangen.
Meine Auftritte sprechen sich rum. Gleichzeitig bringt uns die Wende einen verdammten Ruck nach rechts. Die Pogrome von Rostock, Mölln und Hoyerswerda, die Angriffe auf Migrant*innen, Linke und Andersdenkende bestimmen unser Handeln und viele unserer Aktionen.
Quetschenpaua bietet den einen oder anderen soundtrack dazu. Ich entscheide aber später, dass ich meine Songs und meine Auftritte nicht mehr weiter solo bestreiten möchte und beende das „Projekt Quetschenpaua“. Wir gründen „Tod und Mordschlag“ und rocken in fast 4 Jahren 120 Auftritte. Dann lösen wir uns wieder auf. Ich suche weiter nach Ausdrucksformen und Möglichkeiten. Ich erinnere mich an die Wurzeln der RAK, spreche Leute an, die ich über die Jahre kennengelernt habe, lade bundesweit zu einem Treffen ein. Aus diesem Treffen geht „Revolte Springen“ hervor. Im Laufe der Jahre verlagert sich das Projekt endgültig nach Berlin. Zwischendurch entsteht eine Sternschnuppe namens „Hässlich Willkommen“, eine 3er-Combo mit Hella, Oli und mir, die genau einen Auftritt bestreitet und sich wieder auflöst. Daraus wiederum geht unser Duo „Yok’n’hell“ hervor. Wir spielen Songs und werden älter. Yok’n’hell will mehr rocken, will Band sein. Anja und Steffen machen mit. Wir heißen „option weg“ und wir treten auf. Im Schnitt schaffen wir einen Auftritt im Monat. Im Jahr 2011 steigt "Hell" aus und Moni ein. Bis 2020 produzieren wir 4 Alben und eine Single. Auch solo bin ich immer wieder zu sehen. Meine "Pocketpunkshow" spiele und bis zu 25 Mal im Jahr.
Bei Revolte Springen steige ich nach 11 aktiven Jahren aus. Es scheint mir in meinem Leben eine Kulturbaustelle zuviel zu sein. Die RAK hat sich mittlerweile personell fast komplett erneuert, ich bin anfangs wieder dabei, steige aber auch hier aus verschiedenen Gründen wieder aus.
Ich schreibe 2012 mein erstes Buch über das, womit ich seit fast 20 Jahren pausenlos mein Geld verdiene: Taxifahren. Januar 2019: Erstmalig erscheint ein Album von mir nicht als Cassette, CD oder LP, sondern nur online. ÄNGSTE VERTRAUTE gibt es z.B. bei Bandcamp und Spotify. Zeiten ändern sich. Manchmal schade sowas, aber immerhin: Im Mai 2019 erscheint meine Autonomografie NICHTS BLEIBT beim Ventil-Verlag. Analog quasi und in reinster Papierform. 350 Seiten. COVID-19 ist ein blödes Arschloch und verhindert Lesungen und Auftritte.
Es geht trotzdem weiter! Jeden Tag.