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Konny – „wenn das Wort vielleicht nicht wär, dann gäb es keine Zweifel mehr“ (CD)

Konny ist ein Kollege, Anfang 20, ein Geschichtenerzähler an der Gitarre. Er sagt selbst von sich, daß er das ist, ein Geschichtenerzähler! Und weil Konny auch ausgezeichnet Gitarre spielt, sind seine Geschichten fast immer Songs, die auf dem Boden einer linken Subkultur, eines linken Alltags wachsen. Wenn Konny live spielt, passiert das stets mit einer eher zurückhaltenden bescheidenen Attitüde, die sich aber selbstbewußt darzustellen weiß. Die Skepsis sich selbst gegenüber bewahrt ihn davor, "zu taff und propper" zu wirken und macht ihn gleichzeitig sympathisch. Die Lieder selbst und/oder Teile daraus haben sich mittlerweile in den Gehörgängen zahlreicher wohlwollender Politsympathisant_innen festgesetzt, was sich in den meist leisen Mitsingversuchen einiger Konzertbesucher_innen ausdrückt. Oft genug entsteht so eine Atmosphäre, die es zulässt, daß du spürst, mit deinen widerspenstigen Gedanken nicht allein zu sein. Die CD liefert nun den sound zu diesem Gefühl, aber im Einzelnen:Einfache Papphülle, kein booklet, alle Songs kannste dir auch über seine website anhören: linkspolitische wandergitarre Der Titel der CD läuft mir nicht gut rein, ich weiß nicht was das soll, ist mir nicht "griffig" genug. Bei der Musik ist das zum Glück anders. Konny eröffnet mit einem Gitarrenintro, das geht schon mal hübsch los. Dann fängt er an, Fragen zu stellen und kommt ziemlich schnell zu einer ersten Einschätzung, die gleichzeitig einer meiner liebsten Sätze aus seinem Repertoir sind, nämlich: „…manchmal denk ich, sind doch alles Vollidioten…“Es geht weiter mit besagtem „Geschichtenerzähler“. Konny spannt den Bogen weiter über seinen eigenen Erfahrungshorizont hinaus. Das mußte ich erstmal verstehen. „…ich sah auch die Revolutionen…“ beispielsweise. Klaro singt er da aus der Perspektive einer zeitlosen Figur, die eine Historie beschreibt. Das läßt Weitblick vermuten und Bezugnahme auf Dinge, die schon passiert sind. In „B-Haus“ führt er diese Linie weiter. Er beschreibt eine Hausräumung, die er gar nicht selbst miterlebt hat, aber es klingt, als wäre er dabei gewesen. Das ist etwas kurios und ist genau genommen ein „fake“. Damit bricht Konny gewissermaßen mit dem Gesetz der Authenzität. Andererseits ist er aber auch kein Außenstehender, sondern einer, der einen Teil der linken Szene von innen erlebt und kennt. Song Nummer 5 heißt „Yuppi“ und droht damit, daß die Luft brennt, wenn es hier so weiter gehen sollte („herzlich willkommen mit ‘nem Pflasterstein“). Das ist eine klare, wenn auch ziemlich verkürzte Ansage zur fortschreitenden Gentrifizierung und macht die Stimme derer laut, die mit die ersten sein werden, die von Vertreibung bedroht sind. Daß das Stück mit gerade mal 62 Sekunden auskommt und darin noch einen gewissen subversiven Humor entwickelt, macht es knackig und sympathisch. Bei „Mama“, dem nächsten Stück, habe ich persönlich das große Problem, daß Konny in der Sprache des politischen Gegners singt. Er zitiert halt und „dokumentiert“ so die wörtliche Rede. Das wird bei ungenauem Hinhören erst mit Zeitverzögerer deutlich. Wenn Sätze wie „…die Ausländer sind Schuld, dafür fehlt mir die Geduld…“ oder „…yeder Jude is’n Schwein…“gesungen werden, besteht immer die Gefahr, daß Leute das schon für das statement halten. Das gilt insbesondere auch für Menschen, die beispielsweise nicht muttersprachlich deutsch sprechen. Klar erwarte ich, daß Zuhörer_innen den Kontext herstellen und genau zuhören, aber leider zeigt die Erfahrung auch, daß es oft so nicht funktioniert. Für mich ist diese Einsicht schon länger ein Grund, warum ich auf diese Art des Zitierens von wörtlicher Rede in meinen Songs verzichte. Dann gibt es da ein Stück wie „Tücha hoch“, welches hochselbstkritisch und szenekritisch beginnt und dann dennoch in dem Aufruf mündet „Drum zieht die Tücher hoch…“ Ein klarer Aufruf, die Dinge direkt an- bzw. aufzugreifen. Das tut gut, weil es aus der persönlichen Note des politischen Zweifelns entsteht. Konny läßt hier zwar mal keine Klarheiten vermissen, äußert aber dennoch umfassend seine Skepsis. Mir gefällt diese Kombination ausgezeichnet. „Alkohol“ ist ein richtiger Punkrocksong. Er präsentiert das mal schnell in zwei Versionen, das macht Spaß. Eigentlich auch nur eine kleine Anekdote aus Konnys Leben, die vermuten läßt, daß er sich viel rumgetrieben hat und weiß, wovon er singt. Mit dem „Quetschelied“ sorgt er für eine kleine Erholungspause vom Inhaltlichen. Es isr ein Instrumentalstück, bei dem die Akkorde anarchisch und am Ende auch der Rhythmus wild wechseln. Ein geballte Ladung Energie, aber auch ein Stück, welches du nicht mehr (so) spielen kannst, wenn du das Instrument irgendwann mal besser spielst…eigentlich sehr schade, aber um so wertvoller und toll, daß diese Momentaufnahme ihren Platz auf dieser CD gefunden hat. Bei „Sommer“ hören wir dann nochmal eine live-Aufnahme aus einem Konzert von Konny. Die oben beschriebene Atmosphäre ist dort zu vernehmen und das vermittelt nun auch hier einen Eindruck davon, wie es innerhalb der linken Szene so aufgenommen wird, was Konny macht…nämlich äußerst positiv. Bei „Burger“ geht es noch ein bißchen weiter und es wird sich gut amüsiert…Warum Konny das Album mit „de Tounkrhg“ abschließt, erschließt sich mir nicht wirklich. Ich vermute (und meine auch, zu wissen), daß es eine große Skepsis gegenüber den eigenen Aussagen und der eigenen „Wichtigkeit“ gibt. Klar ist es auch legitim und witzig, mit so ‘nem kryptischen Song zu enden, aber es ist gleichzeitig auch die Entscheidung, auf was Gehaltvolleres an dieser exponierten Stelle zu verzichten. In der „heiligen Unterschrift“, einem Sprechtext, der schon 10 Minuten vorher kommt, ist ya eine ähnliche Tendenz zu erkennen. Konny erzählt halt auch mal was, was nicht verstanden werden muß. Wobei ich einräumen muß, daß diese „spoken words“ in meinen Augen ein echtes Trash-Glanzlicht auf dieser CD darstellen. Ich habe einige Geschichten ausgelassen, die Konny auf seiner CD an der Gitarre erzählt, aber ich empfehle: Hört euch das alles mal in Ruhe an, es lohnt sich. Zum Schluß aber doch noch die Erwähnung eines weiteren speziellen Liedes. Es ist der Song „ich dachte“, der tief geht und verarbeitet auf eine einfühlsame Art Trauer. Das ist eine würdige Erinnerung an yemanden, den ich auch kannte. So ist er nicht vergessen…danke dafür.

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