QUETSCHENPAUA HÖRT AUF MIT DEM SOLOKRAM!!!
Es ist schwer, irgendwo anzufangen. Mein Hirn hat diese Entscheidung getroffen, mein Gefühl kommt da aber manchmal noch nicht so richtig hinterher. Trotz dieses Widerspruches bin ich mir ganz schön sicher, daß das yetzt auch richtig ist. Ich habe 1992 schon mal geschildert, wie's so aussieht mit mir, der Kultur, die ich so mache und den Leuten, die sich das dann angucken, anhören usw. Okay, ich will vorweg noch sagen, daß ich hier nicht mit 'nem Frust sitze und das alles aufschreibe und zusammenstelle, sondern eigentlich mit 'nem ganz okayen Gefühl und dem festen Glauben, daß ich weiterhin Lieder schreiben und singen werde und auch weiterhin Quetsche spielen werde, nur eben anders....und eben nicht mehr als Quetschenpaua.
Als mir der Name Quetschenpaua endlich einge fallen war und ich anfing unter diesem Namen Musik zu machen (April 89) hatte ich überhaupt nicht im Kopf, daß ich im ganzen Land und teilweise auch über die Grenzen hinaus in einer bestimmten Szene mal so bekannt werden würde. Na gut, das hat sich halt so entwickelt und war (zumindest am Anfang) für mich auch noch einigermaßen übersichtlich. Da bin ich dann eben mal nach Köln gefahren oder nach Bremen oder hab' hier in Berlin meinen Kram bei entsprechenden Anlässen gemacht. Die Anfragen, die so kamen, waren so, daß ich mich mit yedem Brief, yedem Anruf einigermaßen überlegt und ausführlich beschäftigen konnte. Das hielt sich in Grenzen mit der Zeit, die ich investieren mußte... es deckte sich sogar einigermaßen mit meinen Vorstellungen davon, wieviel Zeit ich dafür investieren wollte. Klar war immer, ich mache das nicht "hauptberuflich", sondern wirklich nebenbei und zwar nach Lust und Laune. Entsprechend sollte Geld auch keine Rolle spielen, sprich: ich will und wollte keins für mich, außer meinen Unkosten. Es ging einigermaßen schnell, daß sich diese Situation für mich veränderte.
Mehr und mehr Leute lernten meine Sachen über die rausgebrachten Tapes kennen, plötzlich wurde dieses Land wieder größer... die Verbreitung meiner Musik passierte hauptsächlich übers Weiterreichen und Weitererzählen. Nanu, plötzlich kamen zu den Konzerten hier in Berlin z.B. immer noch so 50 Leute zusätzlich, die ich nicht mal vom Sehen kannte...nanu, alles Szeneleute, logo, in der Anfangszeit hab' ich ganz schön gestaunt. Tya, die Nachfrage stieg ziemlich schnell und ziemlich doll. Dieser Trend ist auch bis heute nicht abgeflaut. Klar, eigentlich ist das ya erstmal eine prima Geschichte, du machst da was, was von Herzen kommt ohne Hintergedanken, ohne das Ziel, mal angesagt zu sein oder so, und dann merkst du plötzlich, daß das ganz vielen Leuten voll gut gefällt und die kommen zu den Konzerten und du kriegst was zurück für deine... sagen wir mal "Mühe"... Das ist voll klasse, zumal ich eigentlich oft den Eindruck hatte, daß die Texte vor allem den Ausschlag dafür gegeben haben, na klar, in genau der Kombination mit der Musik und der Art und Weise wie ich's dann vorgetragen
habe. Aber es ging nicht so sehr um mich als Person... tya, und
irgendwann kamen dann zum Beispiel die Ersten, die Autogramme
haben wollten. Das hab' ich immer verweigert, hab' ich mich am
Anfang auch viel drüber geärgert, weil ich nicht begreifen konnte,
wie Leute überhaupt auf so 'ne Idee kommen können, mich danach
zu fragen. Und irgendwann hab' ich dann begriffen, daß ein Teil
meines Selbstverständnisses wohl flöten gegangen ist oder zumindest
nicht mehr rüberkommt für einen Teil des Publikums. Dann gab's 'ne
Zeit, da habe ich genau darüber viel nachgedacht und auch auf den
Konzerten was zu gesagt. Ich hatte einfach kein Bock darauf, daß
Leute mich als Held oder Star oder sowas wahrnehmen, hab' immer
wieder versucht, diesen Kult zu knacken, weil's nicht gut ist sowas.
Weil's besser ist, du siehst die Leute, die du klasse findest erstmal als
Menschen, die genauso ihre Arschlochseiten haben, wie alle anderen,
denn dann gibts erst 'ne Ebene von gegenseitiger Kritik und
Gleichberechtigung. Ya, ich merk' gerade, daß es verdammt
schwierig ist, sowas überhaupt als Kritik zu formulieren das. Weil
logo liegt so 'n Verhältnis von z.B. mir zum Publikum natürlich
streckenweise auch in der Natur der Sache... yemand führt was vor
und andere gucken zu. Ich muß darüberhinaus auch sagen, daß ein
sehr großer Teil der Leute, mit denen ich in den letzten Yahren
auftrittsmäßig zu tun hatte, von vornherein einen sehr korrekten und
liebevollen Umgang mir gegenüber an den Tag gelegt haben und ich
hoffe, ich hab' das auch diesen Leuten gegenüber selbst so
hingekriegt. Wenn's so das Gefühl war, du besuchst Leute, die du
zwar nicht kennst, aber es ist voll gut, sich zu treffen und das
Konzert bzw. die Quetsche spielen gar nicht unbedingt direkt so 'ne
Rolle, dann hat's gestimmt. Es sind zum Teil ya auch Kontakte
entstanden oder sogar richtige Freundschaften, die ich nicht missen
möchte. Auf der anderen Seite kamen irgendwann auch die ersten
Anfragen, wo's gleich ziemlich schnell um Geld ging und ich erstmal
klarstellen mußte, daß es darum bei Quetschenpaua nun mal in erster
Linie darum nicht geht (außer natürlich bei Solikonzerten). Bei
vielen Leuten, die es so gewohnt sind über Gagen, Termine, Gigs
usw. zu reden, war dann die Verwunderung immer ziemlich groß,
und einige ham's prompt in den falschen Hals gekriegt und das so
interpretiert, daß es "mich umsonst gibt", vielleicht auch, weil
manche daraus den Schluß gezogen haben, daß ich so'n bißchen doof
bin in der Beziehung. Ich habe yedenfalls öfter erlebt, daß so
Kohlegeschichten gar nicht so selbstverständlich sind, wie ich
immer dachte....nicht mal in der eigenen Szene. Und dann ist es ya
z.B. auch ein Unterschied, ob Leute sich bei mir melden und im
Kopf haben, daß sie z.B. Geld für irgendwelche Prozesse brauchen und
ich spielen soll, weil dann viele Leute kommen, oder ob einfach nur
wichtig ist, daß ich spiele und alles andere ist egal. Ich fands
yedenfalls immer klasse, wenn Leute auch 'ne politische Idee damit
verbunden haben, wenn ich spiele. Mittlerweile kommen öfter mal
Anfragen, wo das nicht mehr so ist und auch das macht mich
skeptisch. Hin und wieder ist demnach auch zu spüren, daß
"Quetschenpaua hören" eben auch ganz schön "hip" ist und wenn
dann die Inhalte stellenweise auf der Strecke bleiben, weil's darum
beim Konzertbesuch nicht mehr geht, ist das ein Grund, warum ich
damit aufhören will. "
Was auch so'n Ding ist, daß die Konzerte immer voller werden...zu
voll oft. Ich spiele in der Regel ohne Mikro, weil mir die Nähe zu
den Leuten wichtig ist, weil's 'ne geile Atmosphäre sein kann so ein
unverstärktes Konzert. Na gut, ein paar Mal ist das auch schon
gründlich in die Grütze gegangen, weil nicht alle reinkamen, oder
weil Leute sich verhalten haben, als wären sie auf 'nem Hardcore-
Konzert oder weil sich Leute die Hucke zusaufen und die Kontrolle
verlieren (wollen)....dann bist du der Arsch da vorne, mußt kämpfen
und trotzdem locker bleiben, mußt auch mal sauer werden, um im
nächsten Moment mit dem Spaß weiterzumachen. Ey, das ist so
anstrengend und wenn du da immer alleine stehst, dann erstrecht.
Wenn du in so Situationen nicht die Nerven behälst, wenn du selbst
nicht 100% konzentriert bist, gehts schief. Alle Verantwortung auf
den eigenen Schultern....tya und dann kommen beim nächsten Mal
statt 200 eben 400 Leute und du hast immer noch kein Mikro....das
geht eigentlich gar nicht. Aber es ist auch nicht damit getan, sich
dann einfach (einfach geht sowieso nicht) 'ne Anlage zu besorgen.
Es ist ya auch so, daß ab einer bestimmten Menge Leute noch ganz
andere Widersprüche entstehen. Ich hab' in der letzten Zeit z.B.
ziemlich viel rumprovoziert, was so Bands angeht wie die ONKELZ
oder TYPE-0-NEGATIVE oder DAILY TERROR, weil ich die
Scheiße finde und dafür gibts genug Gründe. Ich wußte, daß ich mir
damit sicher keine Freunde oder Freundinnen mache, weil's genug
Leute gibt, die genau diese Bands kult finden, aber ich hab' auch
kein Bock, daß mir diese Leute dann genauso zuyubeln wie
irgendeiner vermeintlichen Faschoband. Die sollen wissen, daß ich
dazu 'ne völlig entgegengesetzte Meinung habe und entweder
machen sie sich dazu 'nen Kopp oder sie gehen . Genauso isses mit
der Thematisierung von z.B. Männermackerverhalten... hat öfter Mal
ganz schön reingehauen, weil sich bestimmte Typen im Publikum
angesprochen gefühlt haben. Gut! Die Auseinandersetzungen um
dieses Thema sind natürlich auch notwendig, aber es ist manchmal
hart, daß immer alleine auszufechten. Klar sind das Diskussionen,
die stattfinden müssen, aber gleichzeitig isses ein Konzert und ein
Konzert ist keine intellektuelle Veranstaltung und ein Lied ist kein
Flugblatt . Und trotzdem bleibt so'n Gefühl von "wenn ich nicht
alleine war, könnten WIR anders an die Sache rangehen"... zumindest
würde sich die Verantwortung und damit auch der Druck anders
verteilen. Logo würde ich selbst auch viel mehr reflektieren können,
was ich da mache, sage, singe, anzettele. Quetschenpaua yedenfalls
stößt da an seine Grenzen. Es ist schon passiert, daß auf der Yagd
nach der guten Laune die inhaltliche Genauigkeit etwas auf der
Strecke blieb oder andersrum, daß ich vor lauter Gehirnakrobatik
wegen politischer Themen verbissen wurde und kaum noch Spaß
rüberbringen konnte. Ye mehr Menschen dann da genau die
"richtige Mischung" einfordern, desto mehr kann ich verkehrt
machen, desto mehr muß ich mich eigentlich vorher hinsetzen und
mich darauf vorbereiten. Dazu fehlt mir die Zeit. Große und volle
Konzerte können sicherlich was Tolles sein, aber mir machen sie
vieles unmöglich. Auch leise Töne z.B., mal ein langsames Lied
singen, sich Zeit lassen... geht oft nicht, weil du schon bei den
Ansagen brüllen mußt. Ist ya auch okay, Konzerte sind ya eigentlich
auch was Lebendiges... aber ich bin keine Band!
Anfangs habe ich was darüber geschrieben, wieviel Zeit ich
investiere bzw. investiert habe früher. Mittlerweile ist es zum
Beispiel so, daß ich 1x die Woche einen kleinen Berg Post
beantworte. Meistens fasse ich mich in meinen Antwortbriefen viel
zu kurz, weil ich's sonst gar nicht schaffen würde. Auszüge aus
einigen Briefen kommen ya später noch, es ist schon verrückt, was
da so allesankommt. Es ist übrigens fast keine sogenannte "Fanpost"
dabei, was ich natürlich wiederum ziemlich gut finde. Eigentlich
isses ya auch voll nett, Post zu kriegen... aber oft isses mir einfach
auch zuviel und da ich es fast nie fertigbringe, nicht zu antworten,
komme ich da auch schon mal in Streß. Dann läßt sich festhalten,
daß im Schnitt fast yeden Tag 'ne Auftrittsanfrage kommt. Daß ich
dem Ganzen vorne und hinten nicht mehr gerecht werde, liegt auf
der Hand, zumal ich, wie schon erwähnt, Quetschenpaua nur
nebenbei mache(n will). Aber auch genau dieses "nebenbei" kann ich
schon oft gar nicht mehr selbst bestimmen, weil ich's na klar auch
gut machen will und das bedeutet auch, daß ich als
"kulturellautonome Institution" einigermaßen regelmäßig bzw.
kontinuierlich zur Verfügung stehen will/ sollte/ müßte...okay, und
wenn ich genau das nicht mehr will, dann muß ich das mal auch so
deutlich sagen (und das tue ich ya gerade).
Es ist alles gar nicht so einfach, weil es für die meisten meiner hier
aufgeführten Gründe mit Sicherheit Gegenargumente gibt. Zum
Beispiel die Sache mit dem Mythos, wo ich sage, das will ich nicht
mehr fortsetzen oder untermauern, weil's hohl werden kann oder
manchmal schon ist. Da kommen dann aber plötzlich Leute, gucken
dich mit leuchtenden Augen an und erzählen dir, daß sie dich das
erste Mal gesehen und gehört haben und das voll super finden und ab
morgen mit der 3fachen Paua in ihrer Antifagruppe weiterpuzzeln... nix da Mythos, nix da Konsumrausch... nix da Quetschmän is'
hip - nur ein warmes Gefühl. Sowas passiert in den verschiedensten
Varianten öfter und haut mich eigentlich regelmäßig immer wieder
um. Das ist natürlich aber auch der Grund, warum ich das Ganze
überhaupt 5 1/2 Yahre gemacht habe. Ich werde solche Erlebnisse in
guter Erinnerung behalten und fänds klasse, wenn auch viele den
ollen Quetschenpaua in guter Erinnerung behalten. Das ist nämlich
auch so 'ne Sache, der Schiss davor, daß du das Ganze einfach immer
weitermachst und immer schlechter wirst darin, wie du es machst.
Der Schiss davor, den Punkt nicht zu erkennen, wann's genug
ist... aus Routine einfach weitermachen mit dem antrainierten
Elan und scheinbarer Lust zu singen... bis die Leute es irgendwann
mal mitkriegen und sich ab dann nicht mehr reinziehen werden.
Das ist ya eh das Verlockende: diese große Welle der Sympathie,
die dir da oft entgegengebracht wird... du hast eigentlich noch gar nix
gemacht, aber die Leute ham' dir schon 10x rübergebracht, daß sie
dich klasse finden. Auf dem Teppich bleiben, ist dann immer
angesagt. Bloß nicht komisch werden dann, bloß nicht bekloppt
werden davon. Nicht anfangen, sich plötzlich wichtiger zu nehmen.
Sich klar machen, daß du yetzt nix Besonderes bist auf
einmal... neee, immer noch Yörg und der hat noch nie für
irgendwas Autogramme gegeben, warum auch, wofür auch, ich bin
Autonomer... seid wann geben Autonome Autogramme?? Wir sind
alle kleine Arschlöcher und ich bin eins mit Akkordeon, na und?!
Der Irrtum und der Mythos beginnen dort, wo irgendwelche von
diesen kleinen Arschlöchern der Meinung sind, daß ausgerechnet ich
am lautesten pfurzen kann, aber GEKACKT!! Nix is'! Arschlecken!
(Oh, der "Fäkalienmän" ist wieder mit mir durchgegangen) Was ich
damit sagen will, ist, daß z.B. ich nur begrenzt Einfluß darauf habe,
zu was mich Leute hochstilisieren. Ich hab' kein Management, kein
Logo in dem Sinne, keine Shirts mit Quetschenpaua drauf, bin auch
'ne Promotion-Niete, es gibt nicht mal ‘ne CD von mir... im
Gegenteil, ich falte yedes Dreckscover von meinen Tapes selber,
keine Videoclips... wirklich gar nix in der Richtung... naya, und
trotzdem dieser Kult. ‘Ne CD zu produzieren, ist mir übrigens schon
öfter angeboten worden, aber dann wirds gleich wieder 10-20
Mark teurer für die/ den Endverbraucher/in und das muß ya nicht
sein. Wenn ich mal inner Band spiele, hab' ich da, glaub' ich,
trotzdem Bock drauf (also 'ne CD oder 'ne Pladde zu machen)
Viele von denen, die mir in der Vergangenheit gut gefallen haben,
also so Musikgruppen oder auch Einzelleute, haben übrigens kein
gutes Ende gefunden mit ihrer Kultur, ham's zu lange gemacht, sind
langweiliger geworden oder einfach schlechter..., ich habe da kaum
wen in guter Erinnerung. Denkt da mal selbst drüber nach, von wem
ihr da im Laufe der Zeit dann doch eher enttäuscht ward.
Okay, nochmal zurück zu dem Punkt, wo ich erklärt habe, daß ich
zum Teil überfordert damit bin, daß zu viele Leute auf die Konzerte
kommen. Ich will das mal an 3 Beispielen verdeutlichen. Alle
Beispiele stammen aus diesem Yahr.
1) Hoyerswerda. Da gibts also diesen Yugendclub "Linxabbieger".
Das ist so'n kleiner Keller, wo ich reingekommen bin und gedacht
habe: Prima, schön gemütlich hier für ungefähr hundert Leute. Tya,
dann kamen aber ca. dreihundert Leute von überall her, Bautzen,
Spremberg, Cottbus, Senftenberg, Forst, etc., naya und es wurde na
klar auch lustig viel getrunken und es war klar, wenn die alle in
diesen Keller reinrennen, wird es im besten Fall sehr sehr unruhig und
ich habe dann eh kaum Platz zum Spielen oder aber der Keller bricht
einfach auseinander. Ich hab' das Konzert dann letztendlich gemacht
mit so 'ner improvisierten Punkanlage, zwischendrin sind mir dann
hin und wieder Betrunkene auf die Füße gefallen und ich fühlte mich
hinterher, als wäre ich direkt 5 Yahre älter geworden in diesen 1 1/2
Stunden... puha... Insgesamt fand ich's trotzdem noch 'n' gutes Ding,
aber eben heftig und ich denke, vielen war's auch zu voll, und vieles
ließ sich auch nicht gut rüberbringen unter diesen Umständen.
2) Berlin. Erster Auftritt im Yahr 94... hab' ich mir gedacht, mach
das mal in 'nem kleinen Raum und hab' 'nen Termin mit den netten
Leuten vom "Clash"
* klargemacht. Fassungsvermögen des Raumes
ca. 80 Leute. Tya, und auch da kommen dann locker über 200 und
für viele war's 'n' Frust, weil sie nix sehen oder hören könnten oder
weil sie's gesehen und gehört haben und das Konzert aber leider 'ne
mittlere Katastrophe war, eben wegen der ganzen Enge, der
schlechten Luft und sicher auch weil ich von der ganzen Situation
überrascht und überfordert war. Shit!! Mir hat's auch nicht gefallen!
3) Wieder Berlin. Endlich in 'nem ausreichend großen Raum, sogar
mit korrekter Anlage (Regenbogen PA, logo!), endlich mal wieder
im "EX" (PRUST!!!!) Diesmal kommen knapp 400 Leute, auch sehr
voll, aber okay. Und was passiert? Ich lege einen eher beschissenen
Auftritt hin, weil ich kaum Zeit hatte, mich darauf vorzubereiten,
weil ich eh nicht so besonders ausgeglichen war zu der Zeit. Mitten
im Programm verliere ich plötzlich völlig den Faden und damit die
Souveränität... hab' sogar kurz überlegt von der Bühne zu gehen,
weil's nicht mehr ging. Hab' dann weitergemacht und mich
irgendwie am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen. Das
Programm hieß ya auch bezeichnenderweise: "Und nun ein
Kunststück" und diese Situation zu meistern, war an dem Abend
mein größtest. Wieder flackerte natürlich kurz die Sehnsucht auf,
sich mal in den Bühnenhintergrund zu verpissen, mal yemand
anderes kann vorne die Show übernehmen... ein elender Kampf mit
mir selbst, yedenfalls in genau diesem Moment.
Was daraus resultiert ist ya ganz simpel. Ich will meinen Kram gut
machen, gut rüberbringen. Es macht keinen Sinn, wenn ich mich
immer öfter in Situationen reinbegebe, denen ich aus verschiedenen
Gründen nicht gewachsen bin. Die meisten dieser Situationen
hängen auf die eine oder andere Art und Weise mit meinem relativen
Bekanntheitsgrad zusammen. In kleinen Räumen spielen und
irgendwann niemanden mehr reinlassen, ist unrealistisch und find ich
auch scheiße... Größere okaye Räumlichkeiten gibts in nur
wenigen Städten und ist schon deswegen blöd. Außerdem machts oft
auch nicht soviel Spaß in so "Sälen" zu spielen, öfter auftreten (
z.B. in Hoyerswerda 3mal hintereinander oder in Berlin 'ne ganze
Woche im Clash) geht zeitmäßig nicht für mich. Was bleibt?? Wenn
ich auftrete, wird ya in der Regel nicht einmal viel Werbung
gemacht. Da werden 10 bis 100 Plakate geklebt und fertig. Und
trotzdem immer dieser Rummel.
Viele verstehen vielleicht auch nicht, was ich da immer rede, von
wegen nicht genug Zeit dafür. Das ist so: Ich hab' das Proyekt
Quetschenpaua angefangen mit dem Ding, daß ich mein Leben hier
in Berlin als "Autonomer" leben kann, wie ich das richtig finde, so wie
das hier ganz viele Autonome (so fern sie sich noch als solche
bezeichnen) tun. Das heißt, daß ich diese und yene Politaktivitäten
mittrage, mitgestalte, mich auf diesen und yenen Treffen blicken
lasse, in diesen und yenen Gruppen Kram erledige, berede.
Darüberhinaus hab' ich das Pech oder Glück (is' manchmal wirklich
unklar) in 'ner sehr großen Hausgemeinschaft zu wohnen und in
'nem Arbeitskollektiv zu arbeiten. Das ist schon mal nicht wenig.
Und wenn dann nicht diese und yene Beziehungen den Bach
runtergehen sollen dabei, bleibt wirklich nicht viel Zeit. Und was
übrig bleibt, sollte so im Groben Quetschenpaua sein. Aber das haut
nicht mehr hin so richtig. Muß ich, glaub' ich, yetzt auch nicht mehr
näher erläutern.
Ich könnte auch locker von Quetschenpaua leben, so rein finanziell,
aber will ich nicht und hab' ich nie gewollt. Die Kohle sollte nie für
mich sein und war sie auch nie. Ich hab' mal so 3 Yahre von
„MusiKomiKabarett“ und Kinderprogrammen gelebt, aber das heißt
auch wirklich ein anderes Leben führen und das wollte ich
irgendwann nicht mehr. Das hieß nämlich auch hin und wieder, das
eigene Herz zu verkaufen und sich nicht mehr aussuchen können,
wann, wo und wie oft auftreten. Und ganz automatisch fängst du an,
es den Leuten, also dem Publikum, recht machen zu wollen....weil
die ya das Geld für die Eintrittskarten angeschleppt haben....und die
sollen wieder kommen nächstes Mal und die kommen nicht wieder,
wenn das Programm zu schwer verdaulich ist....also wird viel Nettes,
viel leichte Kost eingebaut, ... und das alles mehr oder weniger aus
marktwirtschaftlichen Gründen, wegen Geld... eben weil du davon
lebst. Irgendwann wurden mir die Kompromisse zu heftig und ich
hab' mich mit meinem Partner nicht mehr gut verstanden... da habe
ich dann 1989 'nen Schlußstrich gezogen und das war gut so. Ne
Weile hat sich das noch mit Quetschenpaua überschnitten... dann
gabs ab Anfang 1990 nur noch Quetschenpaua, mit genau der
Rangehensweise, wie ich sie eingangs schon beschrieben habe.
Eine Idee, ein Wunsch war und ist immer, daß sich so 'ne Kultur,
wie ich sie mache, auch verbreitet, daß Ideen aufgegriffen werden,
selber umgesetzt werden, daß meine Lieder andere Leute ermutigen
oder inspirieren, auch selber was zu machen. Ausstrahlung
haben....was in Hochzeiten autonomer Politik mal geklappt hat
("guck' mal die, das ist ya geil, die sind ya viele, da mach' ich mit, da
mache ich selbst was!!") Zum Teil hat das hingehauen, Leute ham'
selbst angefangen. Lieder zu schreiben, zu singen, andere haben
Stücke nachgespielt und sind damit aufgetreten. Ich hab' ya selbst
auch so angefangen... klar gabs Leute, die ich klasse fand/ finde, die
mich inspiriert haben. Ich will damit nur deutlich machen, daß
sowas nie aufhört, daß diese mündlichen (und tonträgertechnischen)
"Überlieferungen" sich fortsetzen und daß ich das gute Gefühl habe,
daß das mit meinen Sachen auch über das Yahr 1994 hinaus noch 'ne
ganze Weile passieren wird. Ich finds nämlich ohnehin viel besser,
wenn sich mehr Leute mal vorwagen, um dieses und yenes, was sie
sich überlegt haben, mal vorzutragen... als wenn alle sich auf
Quetschenpaua stürzen und das Gefühl haben, daß sie da mit ihren
Sachen vielleicht eh nicht mithalten können... das ist nämlich
Quatsch!! ECHT!! Vielleicht fällt es leichter, was auf die Beine zu
stellen, wenn's dieses Gefühl nicht mehr gibt, weil's Quetschenpaua
nicht mehr gibt. Platz für was Neues! Auch für mich!
Ich weiß ya nicht, wie sich das bis hierher liest. Kann ya sein, daß
das schon langt an Erklärung, ich könnte mir aber auch vorstellen,
daß ihr yetzt dasitzt und immer noch wartet auf den großen Satz, der
anfängt mit: ich höre also auf mit dem Solokram, weil...
Tya, so einfach isses aber eben nicht. Vielleicht fragt ihr euch auch,
warum ich das überhaupt hier so lang und breit erkläre... stimmt
schon... so wichtig bin ich nicht, aber ich will ya auch, daß was
weitergeht und erhoffe mir, daß es besser weitergeht, wenn ich das
hier mal aufschreibe. Außerdem habe ich im Laufe der letzten Yahre
immer wieder mal Sachen aufgeschrieben und veröffentlicht... das ist
also gar nicht so ungewöhnlich.
Sicher hat meine Entscheidung auch damit zu tun, daß ich kaum mal
zum Luft holen gekommen bin in den letzten 5 Yahren so
quetschenpauamäßig. 1993 habe ich mich mal ein halbes Yahr
abgemeldet, okay, aber dafür kam's Anfang 1994 alles doppelt dick,
wie schon beschrieben. Ich mache mich bewußt oder unbewußt
ziemlich rar und das hat den Effekt, daß die Nachfrage wächst und
wächst... daß ich ständig nach Quetschenpaua gefragt werde, ob
ich will oder nicht. Ich hatte in der letzten Zeit oft das Gefühl, daß
ich mir nicht gut genug überlege, wie und was ich sage, singe,
fabriziere. Das hat yetzt nix mit Perfektionsanspruch zu tun, sondern
lediglich damit, daß ich minimalste Vorbereitungen für so ‘nen
Auftritt schon nicht mehr getroffen habe manchmal, aber auch das
habe ich mit anderen Worten schon an anderer Stelle aufgeschrieben.
Ich mache mal an dieser Stelle Schluß, für offene Fragen oder
Anregungen für die Zukunft gibts ya nach wie vor meine
Postadresse. Tya und danke will ich sagen, für all die Nettigkeiten
und die Unterstützungen, die ich in den letzten Yahren auf ganz
unterschiedliche Art und Weise erhalten habe... und für das
Vertrauen, daß mir Leute zum großen Teil entgegengebracht haben,
zum Beispiel im Hinblick auf die ganze Solikohle, die ich ziemlich
oft von hier nach da geschleppt und verteilt habe... ist alles
angekommen, ehrlich!! Und für den vielen Applaus auch noch!
NOCH ZEIT ZUM KÄMPFEN.
NOCH ZEIT ZU GEWINNEN!
(* Das „Clash“ war damals ein kleiner Szeneladen im Wedding. Heute findet ihr ein neues Clash im Mehringhof, welches früher mal das EX war)