Auf Antitainment wurde ich mal aufmerksam durch einen Freund, der irgendwann mit einer CD ankam, worauf Songs dieser Band zu hören waren. Das mag so etwa 1 – 2 Yahre her sein. Er gab mir weder booklet noch Texte dazu, aber das war auch gar nicht nötig, denn die Musik kam so „bekloppt“ und spektakulär daher, daß ich immer wieder neu hinhören mußte, um diesen Songkreationen auf die Spur zu kommen. Die neue CD „nach der Kippe Pogo“ steht dem in Nichts nach. Im Gegenteil: der eigene Stil wurde ausgebaut und verfeinert (ein fast absurdes Wort bei der äußerlichen Grobmotorik ihres Sounds). Die Sachen klingen fast noch abgedrehter, aber mal konkret: Die „Schweineorgel“ ist wieder mit von der Partie. Sie verpasst den Songs den typischen Antitainment-sound, der aber noch andere prägende Komponenten in sich birgt, die ihn so unverwechselbar und „bekloppt“ machen. Da ist der Gesang, der oft mehr „aufgeregt“ erzählt, als singt. Da werden simpelste Sachen wie beispielsweise „das Rutschen auf einer Wasserrutsche“ mit einer großen Geste von Emotionalität verhandelt, die eigentlich nicht passt, aber genau das ist der style dieser Band. Die kleinen Dinge des Lebens werden groß aufgepumpt, die damit zusammenhängenden Gefühle bis ins Detail mit den Mitteln von Sounds und Musik fett ausgefahren. Darüber entsteht eine völlig irre und eigenartige Komik, die fast yeden ihrer Songs begleitet. Zusätzlich extrem schräg kommen die ständigen Tempowechsel. So wird des öfteren von Null auf 380 beschleunigt. 4 Takte mal fast Ruhe, ein paar Pfurzer von der Orgel beispielsweise, drei knappe Worte, um dann mit Doublebassdrum und verzerrten Saiteninstrumenten und mit allem was sie haben wieder in die Vollen zu gehen in einem irren Hochgeschwindigkeits-Zweivierteltakt. Aber eh du diesen Wechsel überhaupt verstanden hast, kommt schon wieder was Neues.
Die Texte sind äußerst skurril, bleiben aber glücklicherweise nicht stecken im allgemeinen „WAS-WILL-UNS-DIE-BAND-DAMIT-SAGEN??“ Nein, wenn beispielsweise davon die Rede ist, daß sie als „Profiwasserrutschenrutscher“ solange übern Zaun im Freibad klettern, solange sie (noch) keine Lobby haben, dann wird die Antwort auf die Frage „und wenn das alle täten“ gleich mitgeliefert: „Dann wäre es umsonst für alle“. Das ist verblüffend einfach, aber auch deutlich politisch und macht Spaß. Es ist anarchisch und es geht los. Sie schaffen es sogar noch, da Antinationalismus einzubauen, nur als Spot, aber immerhin. Und es taucht der wunderbare Satz „gut aussehen ist für Poserdeppen“ im gleichen Song auf. Bei genauer Betrachtung steckt in yedem Song ähnlich viel drin. Der alten Frau Schmidt, der Hilfe angeboten wird, wird auch vorgeschlagen, die gebeugte Haltung noch weiter zu „üben“ damit sie irgendwann mit Zähnen an die Zehen kommt. „Und dann klappt das vielleicht auch irgendwann, du kommst mit den Zähnen an die Füße, verdienst dein Geld als Gummimann“. Wie kommen die auf so verrückte Ideen? Ähnlich ist es mit dem Gedanken „alle Streifen auf den Pullis (der Leute) zu zählen“ nach dem Eintreten in eines dieser Etablissements, „wo sich die Exclusivität in Getränkepreisen manifestiert“. Mich begeistern diese verqueren Wege und Gedanken, die so anders sind als das richtige Leben. Das ist tatsächlich „was anders machen“...in Musik, Text, Art und Ausdruck. Das ist für mich gelebte Subversivität und besser können Uwe, Tobi, Mat und Jo den eigenen Bandnamen gar nicht dokumentieren. Es ist tatsächlich Antitainment, was sie da machen, weil du dich mit dem Zeux beschäftigen mußt, weil es schwer ist, das einfach nur zu konsumieren. Die CD ist sogar anstrengend, wenn du sie nur nebenbei hörst...sie ist auch alles andere als ein Hörgenuß im herkömmlichen Sinn. Nebenbei gehört nervt die Platte und das ist ein Kompliment meinerseits. Ich kann keinerlei Anbiederungsversuche an bestehende „gern gehörte“ Musik erkennen. Antitainment machen einfach mal, auch wenn das abgedroschen klingt, ihr eigenes Ding und das sogar mit eingebauter Selbstreflektion manchmal („und wir tun nur so böse, damit keiner merkt, wie lächerlich wir sind“). Und natürlich gehört dazu auch mal, sich an geeigneten Stellen selbst nicht zu ernst nehmen, wenn z.B. gesungen wird „Weißt du was ich meine, wenn ich sage TROSTLOS?!“ und im booklet steht statt „Trostlos“ aber eben „Toastbrot“...Da fühle ich mich an den eigenen Song erinnert, der da mal hiess „Unterm Pflaster liegt der Strand“ und wir oft „SCHRANK“ statt „Strand“ gesungen haben, yust for fun. Schon klasse sowas, zumal es in beiden Fällen NICHT dazu führt, den Song lächerlich zu machen oder ähnliches.
Naya, und wenn ich dann noch irgendwo mittendrin ein Filmzitat aus „Einer flog übers Kuckucksnest“ wiederentdecke, was eingestrickt wurde, dann bin ich zufrieden mit dem, was ANTITAINMENT sich da so zusammengereimt und überlegt hat. Coole Scheiße!
Sei noch abschließend angemerkt, daß ich auch das Coverartwork äußerst gelungen finde (nicht nur wegen dem PINGUIN auf dem Frontcover...hoppa nee...) und daß mir in diesem Fall auch äußerst gut gefällt, daß die komplette CD kürzer als eine halbe Stunde ist...gefühlt sind das nämlich 2 – 3 Stunden bei der Menge an Komplexität und Einfällen, die zusammengesetzt wurden. Kein Gramm zuviel, kein Gramm zu wenig! Gelungenes Stück „UNDERGROUND“ diese CD, yeah!
Ich freue mich darauf, das mal live zu erleben irgendwann.
Mit zitronengerollten Grüßen
Yok