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9.NOVEMBER/ 3.OKTOBER

Der 9. November '89, das war ein denkwürdiger Tag. West-Berlin ein Heer von Trabis und die knattern durch die ganze Stadt. Die Medien sind voll davon und auch ich bin etwas berührt.

Aber das die da andauernd von Freiheit reden, hey, da hab ich wohl was nicht kapiert (oder die!). Freiheit, ya was heisst denn das? Geh' ins KDW! Bunte Bilder, kauf dir was, greif ins Portemonaie! Und dann zieh' dir all die Scheisse an, die sie dir da verkaufen. Und Du darfst auch völlig selbstbestimmt durch die Konsumrennbahnen laufen. Ya, wenn das die Freiheit ist,

na dann mal gute Nacht. Da hab' ich mir aber immer schon was ganz andres bei gedacht. Eines ya das weiss ich: Auf Eure Q-Damm-Freiheit scheiss ich! 3. Oktober '90: die Einheit ist da.

Ein Volk suhlt sich in Schwarz-Rot-Gold und brüllt dabei "Hurra!". Reichskriegsflaggen, Herrenmenschen seh' ich da zu Hauf', Bierseeligkeit und Ausländerhass, alle gnadenlos gut drauf. Oh du Deutschland über alles, was bildest Du Dir ein? "Halts Maul Deutschland!" sagen wir und lass das Grinsen sein! Die Freiheit, die Du meinst, ist die Freiheit der Deutschen Bank. Freiheit ohne Skrupel und ohne Notausgang. Nur weil ich zufällig hier geboren bin

auf diesem Fleck zwischen all dem Zwist, weiss ich dennoch, dass ich micht nicht "deutsch" fühl', dass das nicht meine Freiheit ist.Kein Kohl, kein Reich, kein Vaterland!


(1990)


Das ist schon die erweiterte Version. Die Ursprungsversion hieß nur "9.November 89". Als die Mauer "fiel" und die ersten Menschen aus Ost-Berlin nach West-Berlin gehen konnten, saß ich im EX im Mehringhof und trank Bier mit Freund_innen. Wir wußten und ahnten nicht, was passiert war. Als ich dann nachts alleine nach Hause ging und relativ viele Trabbis sah, dachte ich zuerst, daß irgendwo eine "Oldtimer-Messe" oder ähnliches stattfinden würde am nächsten Tag. Dann sprach ich einen Trabbifahrer an und der erzählte, daß die Mauer gefallen sei..."aha"...Ich glaube, ich habe dann noch sowas gesagt wie: "Denn ma' herzlich willkommen" und bin weitergegangen. Ein paar Tage später waren wir per Demo schon wieder auf der Strasse und haben gebrüllt: "Begrüssungsgeld ist nicht genug! Knackt die Banken, das ist gut!!"

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